Sonntag, 07. August 2022

Nachbericht zur 1. Öffentlichen Redaktionskonferenz von Rheinneckarblog.de

Danke für das Lob! Danke für die Anregungen!

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Auf Tuchfühlung: Unsere Redaktionsmitarbeiter zusammen mit Politikern und Gästen auf dem Museumsschiff zur 1. Öffentlichen Redaktionskonferenz am 13. Oktober.

 

Rhein-Neckar/Mannheim, 22. Oktober 2014. (red/ld) Welche Themen interessieren Sie? Und was wollten Sie uns schon immer einmal sagen? Was können wir besser machen? Das wollten wir von unseren Lesern zu unserer ersten öffentlichen Redaktionskonferenz wissen. Am 13. Oktober trafen wir uns in Ali Müllers Restaurant & Café Lounge auf dem Museumsschiff mit den Lokalpolitikern Bernd Kupfer (CDU/Mannheim), Reinhold Götz (SPD/Mannheim) und Raquel Rempp (Freie Wähler/Schwetzingen), die Said Azami mitbrachte: Der 31-jährigen Afghane berichtete von seiner Flucht und über das Leben in der Schwetzinger Flüchtlingsunterkunft. [Weiterlesen…]

In eigener Sache

Besinnlichkeiten, Bescherungen, Botschaften

 

Rhein-Neckar, 24. Dezember 2012. (red) Wir wünschen unseren Leserinnen und Lesern eine besinnliche Weihnachtszeit, schöne Bescherungen und frohe Botschaften. Auch wenn der „Wettergott“ es nun dieses Jahr gar nicht gut mit uns gemeint hat und uns sommerlich anmutende Temperaturen von 14° Grad beschert hat. Immerhin ist die Welt nicht untergegangen – sie dreht sich weiter. Wir lassen das Jahr geruhsam ausklingen. Ab der zweiten Januarwoche sind wir wieder voll im Einsatz für Sie da.

Von Hardy Prothmann

Heute Abend wird es überall Bescherungen geben – schöne Geschenke, die hoffentlich Freude machen. Es wird zusammen gelacht, gefeiert, auch gestritten und gebetet, zurück- und vorgeschaut, sich erinnert. Und natürlich gut gegessen und getrunken.

Bei uns ist das ganze Jahr Weihnachten. Wir bescheren Sie, unsere Leserinnen und Leser, fast täglich und kostenlos mit „Botschaften“. Die sind leider nicht immer „froh“, sondern geben wieder, was in unserer Welt passiert. Denn das haben wir uns zur Aufgabe gemacht und das erwarten Sie selbstverständlich von uns.

Ist das aber so selbstverständlich, wie es scheint? Das ist es nicht. Wir erbringen eine Dienstleistung für die Allgemeinheit, die tausende von Menschen kostenlos nutzen, die aber alles andere als kostenfrei ist. Wir haben in technische Geräte investiert, haben laufende Kosten für Büroräume, Arbeitsmaterialien, Fahrzeuge. Der größte Posten sind die Honorarkosten für unsere Mitarbeiter, die sehr engagiert Informationen zusammensuchen, sortieren, verarbeiten und aufbereiten.

Umbruchszeit

Während wir diese journalistische Dienstleistung aufbauen und ausweiten, stellen andere diese ein. Spätestens im Jahr 2012 ist klar geworden, dass der Medienmarkt in einem entscheidenden Umbruch ist. Die Verlierer dieses Prozesses werden die gedruckten Zeitungen sein. Nur ein paar Beispiele: In Hamburg wurde die Financial Times Deutschland eingestellt, in Nürnberg die Abendzeitung und hier bei uns vor Ort das Stadtmagazin Meier. Diese Medien sind aus dem Meinungsmarkt verschwunden. Deren Informationen – egal, wie gut oder schlecht sie gewesen sein mögen – werden fehlen.

Stabile Demokratien zeichnen sich aber durch Meinungsfreiheit aus. Bei uns ist diese grundgesetzlich durch Artikel 5 unserer Verfassung geschützt. Um sich eine umfassende Meinung bilden zu können, brauchen wir alle verlässliche und umfassende Informationen, die wir gegeneinander abwägen. Um eine Haltung zu entwickeln oder Entscheidungen zu treffen.

Während im Printbereich viele Angebote ersatzlos verschwinden, entstehen bundesweit seit einiger Zeit neue Angebote wie unseres oder von Kollegen. Einige Dutzend haben sich im Netzwerk istlokal.de zusammengefunden und suchen gemeinsam neue Wege, um einen guten, hintergründigen Lokaljournalismus anbieten zu können.

Kritischer Journalismus bedroht

Wir gehen dabei jeden Tag ein hohes Risiko ein. Denn sobald jemand mit unseren Veröffentlichungen nicht „einverstanden“ ist, drohen Abmahnungen und Klagen wie vor einem Jahr durch den Grünen-Politiker Hans-Christian Ströbele oder die vermeintliche „Tierschutz“-Organisation Peta oder der Heddesheimer Bürgermeister Michael Kessler – in nur drei Jahren sind wir über ein Dutzend Mal abgemahnt worden. Das finanzielle Risiko lag dabei immer zwischen 2.000-10.000 Euro. Insgesamt haben wir bereits über 10.000 Euro an Anwalts- und Gerichtskosten bezahlen müssen. Wie heftig es dabei zugehen kann, zeigt das Beispiel Regensburg-Digital. Unser Kollege Stefan Aigner wurde von der katholischen Kirche verklagt, weil er Zahlungen der Kirche an ein Missbrauchsopfer als „Schweigegeld“ bezeichnet hatte. Durch Spendenzahlungen von Lesern hatte er die finanziellen Mittel, um sich juristisch zu wehren. Das Hamburger Landgericht untersagte dem engagierten Journalisten zunächst diese Behauptung, das Hamburger Oberlandesgericht hob das Urteil auf und die Diözese Regensburg legte dagegen Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht ein. Die Karlsruher Richter lehnten die Beschwerde ab.

Ganz überwiegend wird kritische Berichterstattung aber anerkannt. An dieser Stelle möchten wir alle die loben, die bereit sind, Kritik nicht nur auszuhalten, sondern anzunehmen und weiter den Austausch suchen. Wir stehen mit dutzenden von Behörden, mit hunderten von unseren Leserinnen und Lesern in gutem Kontakt, die uns immer wieder wertvolle Hinweise über das Geschehen vor Ort geben, die uns Informationen zukommen lassen, die wir prüfen, aufbereiten und veröffentlichen.

Hochwertige Informationen sind wertvoll

Über dieses Engagement sind wir sehr dankbar. Ebenso über das Vertrauen, dass uns unsere Werbekunden schenken. Die Einnahmen aus der Werbung bezahlen unsere Arbeit. Unsere Werbekunden wiederum nutzen die durch uns erzeugte Aufmerksamkeit gerne, weil sie den Medienwandel verstehen und feststellen, dass wir zwar immer wieder streitbare, aber insgesamt sehr hochwertige Informationen anbieten. Weil wir Informationen nicht langweilig verwalten, sondern einordnen und bewerten.

Im kommenden Jahr werden wir ähnlich wie unser Berliner Kooperationspartner Prenzlauerberg-Nachrichten einen Freundeskreis schaffen und eine finanzielle Unterstützung bei Ihnen, unseren Leserinnen und Lesern, einwerben. Wir wissen, dass der überwiegende Teil unserer Leserinnen und Leser unsere Arbeit wertschätzt und lassen uns überraschen, inwieweit das „honoriert“ wird. Sie, liebe Leserin, lieber Leser, können also selbst ihren Teil beitragen, um unseren kritischen Journalismus, den wir nicht aus Selbstzweck, sondern für Sie machen, zu unterstützen. In Stuttgart hat „Kontext – Die Wochenzeitung“ über 1.000 Unterstützer gefunden, die zehn Euro und mehr im Monat (ohne Abo-Bindung) zahlen, um deren journalistische Arbeit zu finanzieren. Sicher aus der Überzeugung heraus, dass kritischer Journalismus absolut notwendig ist, damit die Demokratie lebendig bleibt.

Während Großverlage Teile ihrer Angebote einfach einstellen, wenn sie nicht genug abwerfen, bauen wir auf und investieren. Die Geschäfte entwickeln sich positiv – Ihre Unterstützung können wir trotzdem gut brauchen. Und die ist gut angelegt, weil wir im Gegensatz zu anderen Medien tatsächlich unabhängig arbeiten.

Schlechte Nachrichten vs. positive Entwicklungen

Wir nutzen zum Jahresende die „besinnliche“ Zeit, um über das zu Ende gehende Jahr nachzudenken und das kommende Jahr vorauszudenken. Wir ziehen Bilanz, was uns gut gelungen ist, was weniger, was wir besser machen können. Sie unterstützen uns dabei fortwährend, durch Kommentare, Postings auf Facebook, emails, Anfrufe und persönliche Gespräche. Dafür danken wir ebenfalls sehr herzlich.

Leider besteht unsere Arbeit oft nicht aus „frohen Botschaften“ – denn wir müssen über Missstände berichten, damit diese bekannt und hoffentlich beseitigt werden. Wir freuen uns aber immer, wenn wir positive Nachrichten oder zufriedenstellende Lösungen verbreiten können. Und manchmal kommt beides zusammen: Die Aktivitäten der rechtsradikalen NPD sind schlechte Nachrichten, der Widerstand von Gegendemonstranten dagegen sind sehr gute Nachrichten. Die Katastrophe von Fukushima war eine besonders schlechte Entwicklung, das daraus entwickelte Umdenken in Richtung Energiewende ist eine positive Wendung. Dass wir privaten Energieverbraucher geschröpft werden, während Stromfresserbetriebe von der Bundesregierung verschont werden, ist eine doppelt schlechte Nachricht. Wir informieren Sie über all das und helfen Ihnen, sich ein Bild zu machen und sich eine möglichst differenzierte Meinung bilden zu können.

Eine sehr schöne Nachricht ist, dass unser Flashmob-Video, das wir im vergangenen Jahr in Weinheim produziert haben, mittlerweile fast 50.000 Menschen gesehen haben. In einer schönen, friedlichen Atmosphäre singen Menschen zusammen und erfreuen sich und andere an schöner Musik. In diesem Sinne wünschen ich Ihnen stellvertretend für die gesamte Redaktion Frohe Weihnachten und einen guten Rutsch.

Ihr

Hardy Prothmann
Chefredakteur

P.S. Bei aktuell wichtigen Ereignissen finden Sie selbstverständlich auch in der Ferienzeit Informationen bei uns.

 

Journalist vs. katholische Kirche

Geprothmannt: Solidarität mit Aigner

Der Regensburger Dom – Sinnbild der Meinungsverachtung und des Schweigegelds. Quelle: Regensburg-digital.de

Rhein-Neckar/Regensburg, 24. September 2012. (red) Der Regensburger Journalist Stefan Aigner ist jemand, der genau hinschaut. Jemand, der sich um Opfer kümmert. Jemand, der die längst vergessene Kunst der Sozialreportage im Lokalen wieder aufleben lässt. Jemand, dem es nicht egal ist, ob man „Streumunition“ als „intelligente Wirksysteme“ bezeichnet. Und immer wieder wird der Journalist von Konzernen verklagt: Ob von Waffenfabrikanten wie „Diel“, ob von Glaubensfabrikanten wie der „Diözese Regensburg“ oder von einer XXL-Möbelfabrikantenkette. Die katholische Kirche will Stefan Aigner exkommunizieren und geht bis vors weltlich jüngste Gericht. Der Glaubenskonzern will dem Regensburger Journalisten verbieten lassen, im Zusammenhang mit sexuellem Missbrauch Geldzahlungen als „Schweigegeld“ zu bezeichnen.

Von Hardy Prothmann

Die Diözese Regensburg hat die Widerwärtigkeit als Glaubensprinzip entdeckt. Der juristische Glaubenskampf eines Bischofs Müller ist an Erbärmlichkeit nicht zu überbieten. Über Jahrzehnte  hat die katholische Kirche den Missbrauch von Schutzbefohlenen „gedeckt“.

Der Skandal des mannigfachen sexuellen Missbrauchs von Kindern Jugendlichen durch katholische Priester oder sonstige Angestellte dieser Kirche hat nicht nur die Glaubensgemeinde, sondern das ganze Land erschüttert. Eine glaubhafte Aufklärung durch die Verantwortlichen hat nicht stattgefunden. Die Missbrauchsopfer wurden durch diese Kirche nochmals verhöhnt und öffentlich vergewaltigt.

„Beigeschmack“

Der Regensburger Journalist Stefan Aigner hat sich vor Ort „um das Thema gekümmert“. Und Zahlungen an ein vergewaltiges Opfer als „Beigeschmack von Schweigegeld“ bezeichnet. Wie auch der Spiegel. Das Magazin formulierte härter: Schweigen gegen Geld. Von „Beigeschmack“ ist da keine Rede.

Die Diözese Regensburg hat im Zuge des „fliegenden Gerichtsstands“ dann in Hamburg gegen Spiegel und Aigner geklagt. „Fliegender Gerichtsstand“ meint – da das Internet überall ist, sucht man sich das Gericht aus, bei dem man sich die besten „Chancen“ ausrechnet. Was das über eine Gerichtsbarkeit „im Namen des Volkes“ aussagt, soll hier nicht debattiert werden.

Das Landgericht Hamburg hat erwartungsgemäß sowohl den Spiegel als auch Aigner verurteilt, die Behauptung von „Schweigegeldzahlungen“ zu unterlassen. Doch das Oberlandesgericht hat das Urteil des Landgerichts kassiert. Das passiert oft, aber nur, wenn man es sich leisten kann. Stefan Aigner konnte das, weil er rund 10.000 Euro Spendengelder einwerben konnte, um sich zu wehren. Sonst wäre er ruiniert gewesen. Im Sinne der Kirche. Denn Aigner hatte vorher versucht, eine Einigung zu erzielen. Sowas wollte das Bistum nicht. Bischof Müller steht für Inquisition.

Verfassungsbeschwerde gegen „Schweigegeld“

Gegen das Urteil des Oberlandesgericht hat die Diözese Regensburg nun laut einem Bericht von regensburg-digital.de „Verfassungsbeschwerde“ eingelegt. Bischof Müller als Verantwortlicher will also vom höchsten deutschen Gericht klären lassen, ob Zahlungen an die Familie eines von einem katholischen Priester zweifelsfrei missbrauchten Jungen als „Schweigegeld“ bezeichnet werden darf oder nicht.

Abseits jeder juristischen „Einordnung“ macht das fassungslos. Jede Scham fehlt. Jedes Schuldbewusstsein. Jede Verantwortlichkeit. Selbst wenn es kein Schweigegeld gewesen wäre, vermisst man bis heute Demut und Anstand bei der Diözese Regensburg. Vielleicht „stinkt der Kopf vom Fisch her“ hier besonders von der Person Müller, aber insgesamt ist das Verhalten der katholischen Kirche in Sachen Aufklärung in ganz Deutschland auf ungläubiges Entsetzen gestoßen.

Um auch das festzustellen: Die „ungeheuerliche“ Klage richtet sich allein gegen einen großen Verlag, den Spiegel und gegen einen freien Journalisten, Stefan Aigner. Auch das erstaunlich oder auch nicht. Die vor Ort „etablierte Presse“ hat entweder gar nicht oder im Sinne der Kirche berichtet. Eine kritische Berichterstattung hat es hier nicht gegeben. Vor Ort soll alles seinen Gang gehen wie immer, Kritik ist nur „in Maßen“ erwünscht, was sich häufig in Maßbierberichterstattung bestätigt, die Tageszeitungen bedienen teuer bezahlende Kunden gut und der Rest findet nicht statt.

Regensburg ist überall

Regensburg ist überall. Genau wie Heddesheim, Ilvesheim oder Weinheim. Was anders ist: Es gibt neue, freie und unabhängige journalistische Angebote. Die sich trauen, hintergründig zu berichten. Und immer öfter finden sie Themen, die deutschlandweit Interesse finden, während Lokalzeitungen in ihrer Instant-Bratwurst-Soße schwimmen. Im Gegensatz zu denen, die sich nichts in den Block diktieren lassen, sondern auf dem Blog anprangern, was schief läuft.

Teilen Sie diesen Artikel, informieren Sie Ihre Freunde und Bekannten über neue Möglichkeiten. Fragen Sie sich, was Ihrer Meinung nach „öffentlich“ sein muss. Informieren Sie wirklich kritische Journalisten. Helfen Sie mit Ihrem Interesse Stefan Aigner – denn der macht das nicht für sein Bankkonto, sondern aus Überzeugung. Ich halte ihn für einen ganz herausragenden Journalisten, der mit Herzblut und einer nach Artikel 5 Grundgesetz bestimmten Haltung eine Stütze unserer Demokratie ist. Einen Preis wird er für seine engagierte Arbeit vermutlich nie gewinnen. Denn er ist kein Teil des „Print-Preis-Systems“, das sich nur selbst huldigt.

 

 

 

Wer hat Angst vorm „weißen Bus“? Falschmeldung verunsichert Eltern – die reale Bedrohung liegt im „Umfeld“


Rhein-Neckar, 26. Oktober 2011. (red) Seit ein paar Tagen „geistert“ eine Meldung durch soziale Netzwerke wie Facebook, dass vor Ort ein Mann Kinder anspreche und diese in einen „weißen Bus“ locken wolle. Was wie die mögliche Bedrohung von Kindern durch pädophile Kindesentführer klingt, ist eine unwahre Geschichte, ein so genannter „Hoax“. Trotzdem ist die Bedrohung real – allerdings eher durch Männer im unmittelbaren „vertrauensvollen“ Umfeld der Kinder.

Von Hardy Prothmann

Egal, wie man es nennt, ob übler Scherz, Kettenbrief, Hoax, „urban legend“ – die Geschichten funktionieren immer gleich. Ein Empörungsthema wird gesucht, eine Bedrohung, irgendetwas, das viele Menschen berührt.

So auch die Warnung, man habe vor der Schule einen weißen Bus gesehen, ein Mann spreche Kinder an, die Mama hat gesagt, dass der Junge mitfahren muss, weil der reguläre Bus nicht kommt, etwas passiert ist und so weiter. Obligatorisch ist die Aufforderung, die Nachricht weiter zu verbreiten, „um andere zu warnen“.

Und flugs verbreitet sich das Gerücht – in Zeiten des Internets rasant. Der „weiße Bus“ ist mittlerweile in ganz Deutschland vor Schulen gesehen worden. Es gibt mittlerweile dutzende Varianten der Geschichte, deren Botschaft im Kern lautet: „Achtung, pädophiler Kinderschänder hat es auf Dein Kind abgesehen.“

Schutzreflexe

Wer Angst vorm "weißen Bus" hat, sollte sich viel mehr vorm "weißen Talar" fürchten. Quelle: regensburg-digital.de

Der Schutzreflex ist verständlich. Auch ich habe die Meldung gestern gelesen und war sofort aufmerksam. Der Sohn ist mit 17 Jahren „zu groß“, aber da ist ja noch die Tochter, die beschützt werden muss. Als ich die Nachricht zu Ende gelesen hatte, habe ich nach Hinweisen gesucht, bei der Polizei nachgefragt. Weniger, weil ich beunruhigt war, sondern aus einem journalistischen Reflex heraus. Kann das sein? Ist da was dran? Das Ergebnis: Keine Erkenntnisse. Keine Hinweise. Damit war die Sache für mich erledigt.

Da der Bus oder vielmehr die angebliche Geschichte seine Bahnen zieht, braucht es offensichtlich doch eine „offizielle“ Entwarnung. Es gibt ihn nicht, den „weißen Bus“.

Den „weißen Bus“ gibt es nicht – wohl aber die Angst

Tatsächlich gibt es große Ängste – das eigene Kind in den Fängen pädophiler Verbrecher… Eine Horror-Vorstellung für viele Eltern. Tatsache ist aber, das sexuelle Gewaltverbrechen (mit Todesfolge) seit Jahren rückläufig sind.

Das hat vor allem mit einer erhöhten Aufmerksamkeit zu tun, mit Prävention, mit guter Polizeiarbeit. Der allerschlimmste „Horrorfall“, der sexuelle Missbrauch mit Todesfolge ist die absolute Ausnahme. 2009 hat die „Polizeiliche Kriminalstatistik“ (PKS) in Deutschland zwei solcher Fälle „erfasst“, 2010 keinen einzigen.

So erschütternd jedes einzelne Schicksal ist: Statistisch gesehen ist die Bedrohung, gemessen an einer Bevölkerungszahl von rund 80 Millionen Menschen, nicht messbar. In krassem Gegensatz dazu steht die Angst davor.

Missbrauch in der Statistik

Schaut man auf die „kalten“ statistischen Daten, fällt vor allem der „sexuelle Missbrauch von Schutzbefohlenen“ auf. Diese Täter fahren keinen „weißen Bus“, sondern sind meist im alltäglichen „Umfeld“ der Kinder zu finden.

Es sind Väter, Brüder, Onkel, Opas, Nachbarn, Mitarbeiter von „Jugendorganisationen“, Vereinsfunktionäre, Kirchen, Ärzte, Sozialarbeiter – eben alle, die „alltäglich“ mit Kindern zu tun haben. Die Täter sind meist männlich und im direkten Kontakt mit Kindern. Nicht der „böse Unbekannte“, sondern der „Bekannte“ ist die reale, böse Bedrohung.

Das perfide an dieser Bedrohung – es sind Personen, den man eigentlich vertraut. Von denen „man das nicht denkt“.

Hier gehen die Missbrauchszahlen in die tausende. Statistisch gesehen muss man diesen Zahlen misstrauen. Ganz im Gegensatz zu den Zahlen über entführte Kinder, die zu Tode kommen. Die sind sehr exakt.

Die sexuellen Missbrauchsfälle, die durch „bekannte“ Personen begangen werden, werden wegen Schamgefühls, Sorgen um die „öffentliche“ Stellung häufig nicht angezeigt. Die Dunkelziffer ist nicht zu bemessen, man kann aber davon ausgehen, dass sie sehr hoch ist.

„Jungs“ haben es „schwerer“

Nicht nur Frauen wissen das sehr genau. Welche Frau erzählt schon gerne, dass der Opa sie „gestreichelt“ oder sie ihre „Unschuld“ durch den „Onkel“ verloren hat? Kaum eine. Trotzdem gibt es immer mehr Frauen und Mütter, die sich dem Missbrauch stellen und ihn nicht einfach „abtun“.

"Echte" Missbrauchzahlen findet man als statistische Zahlen in der Polizeilichen Kriminalitätsstatistik. Jeder Fall ist erschütternd - die Zahl der Fälle ist aber "gering". Die Dunkelziffer hingegen hoch. Quelle: PKS

 

Für „Jungs“ ist das bis heute noch viel schwerer. Als „Mann“ einen Missbrauch einzugestehen, ist auch durch „Rollenbilder“ sehr viel schwieriger. Mal ganz ehrlich? In wie vielen Köpfen geistert noch der Blödsinn rum, dass „Frauen genommen werden“ und „Männer nehmen“? Und was ist dann mit „Männern“, die „(heran)genommen“ wurden? Sind das Männer oder nur einfach „Schwuchteln“?

Solche blödsinnigen Rollenbilder machen es pädophilen Tätern einfach. Und die Scham der Opfer, der Familien und der Gesellschaft schützt die Täter zusätzlich. Das ist die Perversion der Perversion.

Als eine der größten „Missbrauchsorganisationen“ geriet die katholische Kirche in die Kritik – die Welle der Anzeigen und „Offenbarungen“ reißt nicht ab. Und eine „ehrenwerte“ Haltung der katholischen Kirche, Missbrauchsfälle konsequent und ohne Kompromisse zu verfolgen, ist nicht zu erkennen. Ganz im Gegenteil – die Vertuschung hat Methode, selbst unter Einsatz juristischer Mittel.

Auch mein Kollege Stefan Aigner aus Regensburg ist so eine Art „Missbrauchsopfer“. Eineinhalb Jahre musste sich der freie Journalist gegen die Diözese Regensburg wehren, die ihn verklagt hatte, weil er in einem Bericht Zahlungen an die Familie eines Missbrauchsopfers als „Schweigegeld“ benannt hatte.

Aktuell hat das Oberlandesgericht Hamburg diese Einschätzung bestätigt und Stefan Aigner diese Wortwahl gestattet. Die Prozesskosten von weit über 10.000 Euro waren geeignet, den Journalisten wirtschaftlich zu ruinieren. Vergleichsversuche im Vorfeld hat die Kirche nicht angenommen. Dem Missbrauch folgte der Wille, einen kritischen Journalisten mundtot zu machen – koste es, was es wolle.

Das bekannteste Beispiel für „sexuellen Missbrauch Schutzbefohlener“ in unserer Region ist die „Odenwaldschule“. Nach einem Bericht von Spiegel online wurden hier „sexuelle Dienstleister fürs Wochenende eingeteilt.“

„Schulleiter, Kirchenvertreter, Ministerien – alle reden von „Einzelfällen“ des sexuellen Missbrauchs an Schulen. Inzwischen sind es ziemlich viele Einzelfälle. Die Schulen haben einen blinden Fleck, die Behörden offenbar einen toten Winkel: Wo ist die staatliche Schulaufsicht, wenn man sie braucht?“,

fragt Spiegel online in einem weiteren Artikel.

Die reale Bedrohung ist nicht der „weiße Bus“, sondern das Umfeld.

Für Eltern und ihre Kinder muss klar sein, dass nicht der „weiße Bus“ die echte Bedrohung darstellt – die tatsächliche Bedrohung liegt aber tatsächlich vor Ort im vermeintlich vertrauenswürdigen Umfeld.

Der beste Schutz der Täter ist die Scham, die viele empfinden. Der beste Schutz vor den Tätern und auch nach einer Tat ist die Anzeige und notfalls auch die Öffentlichkeit – damit anderen nicht dasselbe „Schicksal“ widerfährt.

Dafür braucht es sicherlich Mut. Mehr, als eine dubiose Meldung weiter zu verbreiten, die nur das Angstthema schürt.

Wer wirklich etwas gegen Missbrauch tun will, darf einen solchen nicht verschweigen. Der Missbrauch darf kein „Tabu“-Thema sein. Und es gibt mittlerweile durch Polizei und Behörden umfangreiche Hilfen.

Auch privat sollte das Thema kein Tabu mehr sein. Hier gilt es, den Opfern Mut zu machen und sie frei von jeder Schuld zu halten.

Wer Opfer eines Missbrauchs geworden ist, hat trotzdem jedes Recht, mit Würde behandelt zu werden. Die Täter sind die Schuldigen. Wenn die Gesellschaft das begreift, wird es weniger Opfer und damit auch weniger Täter geben.

Und irgendwann verschwindet vielleicht auch die übertragene Angst vor „weißen Bussen“.

In eigener Sache: istlokal.de – Verein zur Förderung des Lokaljournalismus gegründet


Rhein-Neckar/Nürnberg, 12. Mai 2011 (red) Zusammen mit rund 20 anderen (hyper-)lokalen Nachrichten-Blogs und -Zeitungen im Internet haben wir am Samstag, den 07. Mai 2011 in Nürnberg den Verein istlokal.de gegründet. Bundesweit ist dies der erste Zusammenschluss von verlagsunabhängingen Lokaljournalisten, die im Internet ihre Nachrichten präsentieren.

Verein zur Förderung des Lokaljournalismus.

Auf Initiative der Jounalisten Stefan Aigner (regensburg-digital.de), Hardy Prothmann (u.a. heddesheimblog) und Peter Posztos (tegernseerstimme.de) hat sich am vergangenen Wochenende der Verein „istlokal.de“gegründet, der einen unabhängignen Lokaljournalismus fördern will. Unsere Blogs zu Heddesheim, Hirschberg, Ladenburg, Weinheim, Viernheim und Rheinneckar sind Gründungsmitglied. Der Verein wird seinen Sitz in Berlin haben.

Am vergangenen Samstag trafen sich in Nürnberg 21 Betreiberinnen und Betreiber von lokaljournalistischen Angeboten, darunter auch der Herausgeber Hardy Prothmann, um die Gründung des Vereins in die Wege zu leiten. Acht Stunden lang wurde über die Organisationsform und die Ziele beraten. Einstimmiges Ergebnis war, dass ein eingetragener Verein gegründet werden soll. Um die dafür notwendigen Schritte einzuleiten und wurde ein Gründungsvorstand gewählt.

Im Internet erreichbar http://istlokal.de.

Die Planung für die Gründung lief seit Ende Dezember 2010. Istlokal.de ist als Unternehmerverband konzipiert, nimmt aber ausdrücklich auch „nicht-kommerzielle“ Angebote auf, um Bürgerinnen und Bürgern mit ihren Publikaitonen zu unterstützen, aber auch deren Wissen zu nutzen.

Die Mitglieder bleiben für ihre Angebote selbst verantwortlich. Istlokal.de erarbeitet gemeinschaftliche oder im Auftrag Lösungen in den Bereichen Journalismus, Vermarktung, Technik und Recht. Seit einigen Wochen tauschen die Mitglieder schon Artikel und Informationen aus. Über ein geschlossenes Forum wird technische Hilfe geleistet, Fragen zu Recht diskutiert und Vermarktungskonzepte entworfen.

Bundesweit ist dies der erste Zusammenschluss dieser Art. Istlokal.de wird vermutlich mit rund 40 Mitgliedern starten, die alle ein Ziel haben: zuverlässige und unabhängige lokale und regionale Berichterstattung zu bieten. Dafür will der Verein auch Lobbyarbeit betreiben, weil Meinungsfreiheit und -vielfalt ein hohes Verfassungsgut sind.

Pressemitteilung: istlokal.de gegründet

Ziel: Förderung des unabhängigen Online-Lokaljournalismus

 

Zur konstituierenden Sitzung der Vereinsgründung istlokal.de fanden sich am 07. Mai 2011 insgesamt 21 BetreiberInnen von lokaljournalistischen Angeboten in Nürnberg ein.

Die TeilnehmerInnen aus ganz Deutschland tagten von 11 Uhr bis 19 Uhr. Auf der Tagesordnung standen die Wahl zwischen einer Vereins- oder Genossenschaftsgründung, sowie die inhaltlichen Ziele der Vereinigung und Aufgabenformulierungen für die künftige Arbeit.

Die Mitglieder einigten sich auf die Gründung eines Vereins istlokal.de. Ziel ist die Förderung des Lokaljournalismus. Auf diesem Weg sollen Alternativen zu den traditionellen Lokalmedien vorangetrieben und gefördert werden, um die Medienlandschaft in Deutschland zu bereichern.
Als Sitz des Vereins einigte man sich auf Berlin. Angestrebt sind weitere Dependenzen in den einzelnen Bundesländern.

Mit istlokal.de entsteht ein Verband für unabhängige journalistische Angebote im Internet. Mitglieder können Betreiber lokal- und regionaljournalistischer Angebote werden, die entweder ein publizistisches Internetangebot betreiben oder betreiben wollen. Daneben können auch weitere publizistische Angebote wie Zeitschriften, Zeitungen oder Radio- und Fernsehdienste angeboten werden.

Diese Angebote müssen demokratische und rechtsstaatliche Ziele verfolgen. Angebote, die in welcher Form auch immer abhängig von traditionellen Medienhäusern sind, können nicht Mitglied werden.

Auf Vorschlag der Gründungsmitglieder wurden Hardy Prothmann als 1. Vorsitzender sowie Stefan Aigner als 2. Vorsitzender vorgeschlagen. Die Wahl erfolgte einstimmig.
Ka-Jo Schäfer wurde als Kassenwart vorgeschlagen. Die Wahl erfolgte einstimmig.
Als Beisitzer wurden Christoph von Gallera vorgeschlagen, der 13 Stimmen erhalten hat sowie Oliver Sigrist, der 19 Stimmen erhalten hat.

In der nächsten Zeit wird die Satzung des Vereins erarbeitet. Einigkeit bestand darüber, dass der Verein künftig drei Arten von Mitgliedschaften anbietet: Fördermitglieder, nicht-kommerzielle Mitglieder und kommerzielle Mitglieder.

Die Gründungsmitglieder vor Ort waren:

Aigner, Stefan,- Althaus, Peter,- Baß, Alexander,- Feldkeller, Klaus,- Gallera von Christoph,- Greschner, Steffen,- Hornstein, Christofer,- Hümmler, Thomas,- Knoke, Marlies,- Levermann, Jörg,- Posztos, Peter,- Prothmann, Hardy,- Schäfer, Ka-Jo,Semmler, Martin,- Schwörbel, Philipp,- Sigrist, Oliver,- Stascheit, Dirk,- Stenzel, Ralph,Stingl, Armin,- Stoffel, Carsten,- Wenzl, Michael.

Weitere rund 20 Interessenten konnten aus terminlichen Gründen nicht teilnehmen.

In eigener Sache: Protest gegen Hamburger Urteil zu „Schweigegeld“


Guten Tag!

Rhein-Neckar/Hamburg/Regensburg, 14. März 2011. (red) Heute wurde dem Regensburger Journalisten Stefan Aigner per Urteil untersagt, Zahlungen der Kirche an die Eltern eines Missbrauchsopfers als „Schweigegeld“ zu bezeichnen. Das Netzwerk istlokal.de, zu dem auch unsere Blogs gehören, protestiert dagegen und fordert eine „Unterlassung“ durch die Kirche.

Von Hardy Prothmann

Seit einigen Jahren steigt die Zahl der Abmahnungen und Prozesse gegen Journalisten und teils auch Privatpersonen wegen missliebiger Meinungsäußerungen.

Unternehmen, Politiker, Organisationen, Privatpersonen und die katholische Kirche bedienen sich dabei häufig des Instruments des „fliegenden Gerichtsstands“ – will man einen Journalisten mundtot klagen, wendet man sich ans Hamburger Landgericht. Dort gilt die grundgesetzlich garantierte Meinungs- und Pressefreiheit nicht viel.

Drei Prozesse in drei Jahren – immer wegen Meinungsäußerungen

Für Stefan Aigner ist es der dritte Prozess in drei Jahren – ein Waffenhersteller und ein Möbelhaus hatten ihn bereits wegen seiner kritischen Kommentare verklagt. Den Prozess gegen das Möbelhaus hat er gewonnen, beim Waffenhersteller zog er seine Meinung zähneknirschend zurück – weil der Waffenhersteller die Prozesskosten übernommen hat. Stefan Aigner war finanziell nicht in der Lage, sich die Prozesskosten von mehreren tausend Euro leisten zu können.

Stefan Aigner: Ehrlich, aufrichtig, kritisch. Die katholische Kirche will ihn mundtot klagen. Bild: pro

Als ihn die Diözese Regensburg verklagte, weil er in einem Kommentar „Entschädigungszahlungen“ an Eltern eines von einem katholischen Priester missbrauchten Jungen als „Schweigegeld“ bezeichnet hatte, rief er zu Spenden auf. 10.000 Euro sind innerhalb von vierzehn Tagen zusammengekommen.

Selbst die Mutter des Kindes bezeichnete gegenüber dem Bayerischen Rundfunk später die Zahlung als „Schweigegeld“ – für die Kirche kein Anlass, von der Klage abzusehen. Auch die Bereitschaft Aigners, die betreffende Passage umzuformulieren, fand kein Gehör. Aigner sollte offensichtlich einer „selbstgerechten Strafe“ zugeführt werden.

Noch skandalöser ist, dass der betreffende Priester versetzt wurde und an der neuen Arbeitsstelle wieder Kinder missbraucht hat – Aufklärung und Schutz geht anders

Hätte die Kirche verloren, zahlt diese die jetzt angefallenen 8.000 Euro aus der Portokasse. Für Stefan Aigner, mit Herzblut Journalist, ist so ein Betrag geeignet, die wirtschaftliche Existenz zu zerstören. Das ist der Diözese Regensburg bekannt – wenn nicht, weiß sie es spätestens beim Lesen dieser Zeilen.

„Gott sei Dank“ Dank der Spender konnte Aigner den Prozess führen – er wollte nicht klein beigeben. Das Urteil vor dem Hamburger Landgericht ist keine Überraschung – die Hamburger Kammer ist für pressefeindliche Urteile bekannt, deswegen wird auch hier gerne durch den „fliegenden Gerichtsstand“ geklagt. Weshalb sonst sollte die Diözese Regensburg gegen einen Regensburger Journalisten in Hamburg klagen?

Auch gegen mich selbst wurde schon drei mal innerhalb von eineinhalb Jahren juristisch vorgegangen.

  • Der Heddesheimber Bürgermeister Michael Kessler forderte eine Unterlassung und zog diese Forderung wieder zurück – das Geld für die teuren Heidelberger Anwälte zahlt die Staatskasse.
  • Die für Heddesheim zuständige Redakteurin des Mannheimer Morgen, Anja Görlitz, erwirkte eine Einstweilige Verfügung gegen mich, die ich ausschließlich aus Kostengründen akzeptiert habe – Kostennote: knapp 5.000 Euro.
  • Der CDU-Ortsvereinsvorsitzende Dr. Josef Doll verlangte im November 2010 eine Unterlassung, hat diesen Anspruch aber offenbar fallengelassen.

Vor kurzem informierte mich ein Weinheimer Anwalt, dass er schon mehrfach Unterlassungsklagen gegen die von mir verantwortete Berichterstattung prüfen sollte, seinen Mandanten aber (klugerweise) davon abgeraten hat.

Missliebige Berichterstatter werden weggeklagt.

Wie sehr die katholische Kirche versucht hat, in hunderten von Fällen die sexuellen Übergriffe und Missbräuche an Kindern durch ihre Priester zu vertuschen und zu verschweigen ist hinlänglich bekannt. Insbesondere die Diözese Regensburg ist bislang eher nicht durch einen offensiven öffentlichen Umgang mit dem „Thema“ aufgefallen.

Es ist eine Farce, wenn eine Kirche, die sich Barmherzigkeit und Gnade auf die Fahnen schreibt, so wenig für Aufklärung tut und gleichzeitig so viel, um missliebige Kritiker mundtot zu klagen.

Und es ist bedauerlich, dass die Hamburger Pressekammer den Ruf hat, als willfähriger Vollstrecker nicht für, sondern gegen die Meinungs- und Pressefreiheit zu urteilen.

Ganz sicher kann nicht jede Äußerung von der Meinungsfreiheit gedeckt sein – Beleidigungen oder Unterstellungen, die jeder Grundlage entbehren, muss sich niemand gefallen lassen. Ob aber die Tatsache des hundertfachen Kindesmissbrauchs durch katholische Priester eine Grundlage sind oder keine, entscheidet jeder frei für sich.

Zu nah dran.

Ob Journalisten in Zukunft noch darüber öffentlich berichten, darf zunehmend bezweifelt werden. Die „Schere im Kopf“, also die Eigenzensur, wird durch solche Urteile erst richtig scharf gemacht. Jeder überlegt genau, ob er seine Existenz aufs Spiel setzt, nur, weil er eine Meinung äußert. Im Zweifel lässt man kritische Äußerungen „lieber“ weg.

So verfahren viele Lokalzeitungen, die den „Mächtigen“ nach dem Mund schreiben – kritischer Journalismus findet hier kaum noch statt, dafür aber immer mehr von unabhängigen Journalisten. Die haben aber keine großen Verlage mit großen Rechtsabteilungen im Rücken, dafür tragen sie das volle Risiko, mit allen Mitteln bekämpft zu werden.

Aus meiner Sicht zeigt sich die Kirche, in diesem Fall die Diözese Regensburg, als uneinsichtig und demokratiefeindlich. In der eigenen Presseerklärung gibt es kein Wort des Bedauerns gegenüber der Opfer, sondern ausschließlich Worte des Triumphs – man hat dem „Blogger“ Stefan Aigner gezeugt, was „Wahrheit“ ist.

Stefan Aigner wird in die zweite Instanz gehen und hofft auf weitere Spenden, die ihm dies ermöglichen. Stefan Aigner ist deswegen kein Held, aber er ist ein mutiger Journalist, der sich nicht zensieren lässt und dessen Recherchen und Artikel immer wieder für „Aufregung“ sorgen.

Stefan Aigner ist ein vorbildlicher Journalist.

Verantwortlich dafür ist nicht Stefan Aigner, der nur macht, was immer weniger Journalisten leisten: Unabhängige Recherche, aufrichtige Berichterstattung und das mit einer unerschrockenen Haltung. Er arbeitet für seine Leserinnen und Leser und nicht für Lobbyisten – wie lange er und andere das noch dürfen, fragen sich zu Recht auf die „Webevangelisten„.

Ich bin durch Stefan Aigner erst durch das Internet aufmerksam geworden – ohne Internet hätte er nicht veröffentlichen können und sicher nirgendwo in der „etablierten“ Presse seine Artikel unterbekommen, denn da will man keinen Ärger.

Stefan Aigner will auch keinen Ärger, ärgert sich aber wie ich und andere über Missbrauch gleich welcher Art, über Dumping-Löhne, über Amigo-Wirtschaft und Mauscheleien in Verwaltungen. Um unsere Arbeit noch besser machen und uns und andere schützen zu können, haben wir zusammen das Netzwerk istlokal.de gegründet, dem sich seit Mitte Januar bereits 46 „Blogger“ angeschlossen haben. Unser Ziel: Die Förderung des kritischen Lokaljournalismus und der Meinungsfreiheit.

Deswegen unterstütze ich gerne den Spendenaufruf und hoffe, dass die nächste Instanz dieses „Schweigegeld“-Urteil aufhebt und die Meinungs- und Pressefreiheit damit stärkt. Alles andere wäre unerträglich.

Spendenkonto:

„Verein zur Förderung der Meinungs- und Informationsvielfalt e.V..
Volksbank Regensburg (BLZ 750 900 00)
Kontonummer: 63363
BIC: GENODEF1R01
IBAN: DE14750900000000063363

Die Spenden und Kosten werden regelmäßig offen gelegt. Bitte geben Sie bei der Überweisung an, ob Sie mit der Veröffentlichung Ihres Namens auf der Spenderliste einverstanden sind.“

In eigener Sache: rheinneckarblog istlokal.de


Guten Tag!

Rhein-Neckar, 25. Januar 2011. Ende 2010 haben die Journalisten Stefan Aigner und Hardy Prothmann sowie der Diplom-Medienpädagoge Thomas Pfeiffer das Netzwerk istlokal.de gestartet. Das Netzwerk unterstützt journalistische Angebote im Internet, die lokal oder regional informieren.

Von Hardy Prothmann

Die lokale Berichterstattung bietet die exklusivsten Nachrichten der Welt. Was vor Ort passiert, betrifft die Menschen, die dort leben. Egal ob in München, Berlin, Köln, Stuttgart, auf dem platten Land oder in einem Ballungsraum. Oder in New York, Los Angeles, Paris, London, Mailand, Barcelona.

In den vergangenen zwei Jahren sind in vielen Orten Deutschlands lokale „Blogs“ oder digitale Internet-Zeitungen entstanden und auch 2011 werden viele neue Angebote dazukommen. Mal sind es politisch engangierte Bürger, mal Journalisten, die das „nebenbei“ machen. Aber immer mehr Angebote werden mit dem Anspruch der Herausgeber betrieben, von dieser Arbeit auch leben zu können.

Kritischer Zustand des Journalismus.

Jeder, der ein kommerzielles Angbot betreibt, steht dabei vor denselben Problemen: Der lokale und regionale Werbemarkt im Internet ist noch nicht befriedigend entwickelt, noch nicht einmal ausreichend.

Das Portal von istlokal.de bietet vernetzten Journalismus.

Aus gutem Grund. Die Presselandschaft in Deutschland ist überwiegend monopolisiert. Bis auf wenige Ausnahmen gibt es fast nur noch „Einzeitungskreise“ – sprich, es gibt keinen journalistischen Wettbewerb mehr vor Ort. Die Monopolzeitungen bestimmen, über wen was wann wie berichtet wird.

Wozu das führt, zeigt das Beispiel Stuttgart21 deutlich. Die Stuttgarter Zeitung hat kaum kritisch berichtet – aus gutem Grund. Wie der stern mit dem Hintergrundbericht „Fahrt auf schwäbischem Filz“ offenlegte, gehört die Zeitung zur Südwestdeutschen Medienholding (SWMH), die vor einiger Zeit die Süddeutsche Zeitung gekauft hat.

„Fahrt auf schwäbischem Filz.“

Ein schwerer finanzieller Brocken, der das Unternehmen in Schwierigkeiten brachte. Über die Landesbank Baden-Württemberg nahm man ein Schuldscheindarlehen über 300 Millionen Euro auf, so der Bericht.

Darin heißt es: „Die LBBW war hierfür ein idealer Partner. Vorsitzender ihrer Trägerversammlung ist Ministerpräsident Mappus. In ihrem Verwaltungsrat hat die Politik das Sagen. Vorsitzender ist der CDU-Landtagsabgeordnete Peter Schneider, Präsident des baden-württembergischen Sparkassenverbands. Mitglieder des Verwaltungsrats sind unter anderem der Stuttgarter OB Wolfgang Schuster, die CDU-Landesminister Wolfgang Reinhart (Berlin/Europa) und Willi Stächele (Finanzen), die Unternehmer Heinz Dürr und Dieter Hundt und Claus Schmiedel, Chef der SPD-Fraktion im Landtag. Der hielt Stuttgart 21 bis vor kurzem für „menschenfreundlich, umweltfreundlich und relativ schnell realisierbar.“

Solche Verbindungen lassen vermuten, dass eine objektive Berichterstattung nicht mehr gegeben ist.

Der stern berichtet über die Verfilzung von Medien, Politik und Wirtschaft.

Zurück zum Werbemarkt – der wird von Zeitungen dominiert. Und jede Anzeige, die von Print nach Online abwandert, ist ein Verlust, der die Zeitungen trifft. Die haben folglich überhaupt kein Interesse, den Online-Werbemarkt zu entwickeln. Denn Online-Anzeigen sind günstiger, sprich, bringen den Zeitungen weniger Einnahmen.

Dramatische Entwicklung.

Und wer sich online informiert, auch durch Werbung, braucht keine Zeitung mehr – die teils dramatisch zurückgehenden Auflagen- und Abozahlen zeigen deutlich, unter welchem wirtschaftlichem Druck Zeitungen stehen.

Mit dramatischen Folgen für die Bürgerinnen und Bürger: Die Berichterstattung wird zunehmend flacher, da die Zeitungsverlage in den vergangenen Jahren hunderte Journalisten entlassen haben. Es gibt Regionen in Deutschland, über die überhaupt keine Berichterstattung mehr stattfindet. Die ungeprüfte Übernahmen von „PR-Artikel“ ist an der Tagesordnung.

Wer aufmerksam die Zeitung liest, stellt fest, dass der überwiegende Teil der Artikel nicht mehr redaktionell vor Ort erarbeitet wird, sondern außerhalb der Zeitung. Ob als Agenturmeldung oder PR-Text.

Und es gibt jede Menge Lokalredakteure, die eine Pressemitteilung ein wenig umschreiben und dann unter ihrem Namen als eigenen Artikel veröffentlichen. Das ist Betrug am Leser. Und der findet täglich überall statt.

Journalismus ist wichtig für die Demokratie.

Und es schadet der Glaubwürdigkeit des Journalismus, der eigentlich die „4. Macht“ im Staate sein soll. Durch kritisches Prüfen von Informationen, durch Recherche von Hintergründen und Verbindungen, durch eine objektive Berichterstattung. Diese Aufgabe ist enorm wichtig, um eine Demokratie stabil zu halten.

Engagierte Bürger und freie Journalisten gründen deshalb ihre eigenen Medien – aus Frust über die unzulängliche „Lobby“-Berichterstattung der Zeitungen, die oft mehr verschweigen, denn berichten. Aus der Überzeugung heraus, dass dort immer weniger echter Journalismus stattfindet.

Die Alternative heißen Blog oder Internet-Zeitung – die Namensgebung spielt keine Rolle, sondern der Inhalt. Hier finden Dokumentation und kritische Berichte statt.

Vielfältige Herausforderungen.

„Bürgerjournalisten“ stehen dabei vor der Herausforderung, wie sie diese journalistische Tätigkeit wahrnehmen. Journalismus ist ein Handwerk, das man lernen kann und muss. Ohne Kenntnisse in Sachen Recherche, Schreiben und auch Medienrecht werden wichtige Informationen nicht gefunden oder es drohen Abmahnungen von denen, die sich durch die Berichte „gestört“ fühlen – sei es die Kirche, seien es Unternehmen oder Politiker oder Ämter.

Hardy Prothmann ist verantwortlicher Redakteur für die Angebote des rheinneckarblogs. Bild: sap

Professionelle Journalisten brauchen Einnahmen, von denen sie leben können und mit denen sie ihre Arbeit finanzieren. Also Werbeeinnahmen. Manche gründen auch Fördervereine, die die Arbeit über Mitgliedsbeiträge und Spenden finanzieren.

Das Netzwerk istlokal.de will eine Genossenschaft gründen, in der unabhängige Internet-Medien, die lokal und/oder regional berichten, sich organisieren. Um journalistische Aus- und Fortbildung anzubieten. Um sich bei technischen Lösungen zu unterstützen, um sich rechtlich wehren zu können und natürlich, um den lokal-regionalen Onlinewerbemarkt voranzubringen.

Wir stehen dabei in Konkurrenz zu den Tageszeitungen. Journalistisch und auch geschäftlich.

Vernetzter Journalismus.

Wo es schon teils herausragende lokale Angebote gibt, können Sie auf unserer Seite istlokal.de nachschauen. Wenn Sie selbst ein Angebot planen, können Sie sich gerne an uns wenden. Wenn Sie schon ein Angebot in Betrieb haben, schließen Sie sich uns an. Die notwendigen Informationen finden Sie auf unserer Website.

istlokal.de wird seine Mitglieder, egal ob hauptberufliche Journalisten oder Bürgerjournalisten, unterstützen. Zum einen zur Förderung der Presse- und Meinungsfreiheit, zum anderen als „Unternehmer“-Verband für professionelle Journalisten. Und wir sind überzeugt davon, dass wir auch die Wirtschaft, die Vereine, die Forschung und andere Bereiche der Gesellschaft mit einem verantwortungsvollen Journalismus unterstützen.

Für das erste Halbjahr 2011 ist eine Informationsveranstaltung geplant. Wir werden Sie über unsere Fortschritte zeitnah informieren.

Hintergrund:

Hardy Prothmann ist verantwortlich für das rheinneckarblog und betreibt zudem die lokalen Angebote heddesheimblog.de, hirschbergblog.de, ladenburgblog.de und weinheimblog.de. Für seine Arbeit wurde er 2009 und die „100 Journalisten des Jahres“ durch eine unabhängige Jury der Fachzeitschrift „MediumMagazin“ auf Platz 3 in der Kategorie „Regionales“ gewählt.

Er arbeitet seit 1991 als freier Journalist. Während des Studiums von 1991-1994 für den Mannheimer Morgen, ab 1995 überregional für fast alle großen Medien sowie die ARD. Er ist Gründungsmitglied von netzwerk recherche und Mitglied des Frankfurter Presseclubs. Im Mai 2009 startete er das heddesheimblog.de.

Stefan Aigner ist freier Journalist in Regensburg. Er betreibt die Seite regensburg-digital.de und ist bundesweit durch seine kritische Berichterstattung bekannt geworden, die ihm schon drei Prozesse eingebracht hat. Aktuell hat ihn die Diözese Regensburg verklagt, weil er die Zahlung von Geldern an die Eltern eines Missbrauchsopfers in Anlehnung an einen Spiegelbericht als „Schweigegeld“ benannt hat. Die katholische Kirche hat auf Unterlassung geklagt. Weil Stefan Aigner 10.000 Euro Spendengelder einwerben konnte, hat er sich auf den Prozess einlassen können. Das Hamburger Landgericht will das Urteil Ende Februar 2011 verkünden.

Thomas Pfeiffer ist Diplom-Medienpädagoge und Social Media-Experte. Er betreibt die Seite webevangelisten.de und ist Mitbegründer des Twittwoch, eines Vereins zur Förderung von Social Media-Anwendungen. Der passionierte Bergsteiger unterstützt das Netzwerk istlokal.de mit seinen Expertenkenntnissen. Als politisch interessierter Bürger ist er zudem „Genosse“ der links-liberalen Tageszeitung die „taz“ aus Berlin.

istlokal.de wurde am 28. Dezember 2010 in Heddesheim gegründet. Zur Zeit findet die Mitgliederwerbung statt. In Kürze wird der „Vorstand“ durch weitere Journalisten erweitert, die sich aktiv in das Netzwerk einbringen wollen. Geplant ist die Gründung einer Genossenschaft sowie einer operativen GmbH, die die organisatorischen Arbeiten übernimmt.

Wir sind offen für Sponsoren, die zu uns passen und Kooperationspartner, die gerne mit istlokal.de zusammenarbeiten möchten. Erste Gespräche werden mit der Fotografenagentur Freelens sowie dem Autoren-Netzwerk Freischreiber geführt.

In eigener Sache: ladenburgblog beim 15. Mainzer MedienDisput

Guten Tag!

Ladenburg, 27. November 2010. Am Donnerstag, den 25. November 2010, war das ladenburgblog auf dem 15. MainzerMedienDisput vertreten. Hardy Prothmann war als Teilnehmer der Diskussionsrunde „David gegen Goliath – die digitale Steinschleuder“ geladen. Man stellte sich der Frage, welche Perspektive lokaljournalistische Onlineangebote haben und ob sie eine Konkurrenz zum etablierten Printmedienmarkt sind.

Von Christian Mühlbauer

Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck eröffnete die Veranstaltung und forderte mehr „Staatsferne“ in den Aufsichtsratsgremien der öffentlich-rechtlichen Sender.

Die aktuelle Debatte über eine gesetzliche Einschränkung von Berichten in Zusammenhang mit möglichen Terror-Akten kommentierte er: „Ich halte solche Überlegungen für inakzeptabel. Die Medien in Deutschland berichten ganz überwiegend so, dass man erkennt, dass sich die Journalistinnen und Journalisten ihrer Verantwortung bewusst sind.“

Von Links: Alfons Pieter, Peter Schink, Dr. Christian Stöcker, Thomas Mrazek, Stefan Aigner, Hardy Prothmann. Bild: Christian Mühlbauer

Zu den geladenen Gästen des „Panel 4“ gehörten Alfons Pieper (wir-in-nrw.de), Peter Schink (Blog Age), Dr. Christian Stöcker (Stellv. Ressortleiter Spiegel Online, Netzwelt), Stefan Aigner (Regensburg Digital) sowie Hardy Prothmann (ladenburgblog). Die Moderation wurde von Thomas Mrazek (Vorsitzender DJV Fachausschuss Online) durchgeführt.

Gegen die Hofberichterstattung.

Nach einer kurzen Einführung stellten die Teilnehmer ihre Projekte sowie ihre Sicht auf die aktuelle Lage dar. Der frühere stellvertretende Chefredakteur der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung, Alfons Pieper (69), betreibt das wir-in-nrw.de-Blog erst seit Dezember 2009.

Sein Team umfasse 6-7 professionelle Journalisten, die alle anonym schreiben, „weil sie als Printjournalisten angestellt sind“. Auslöser für die Schaffung des Blogs war die „Hofberichterstattung in Nordrhein-Westfalen“.

Die Berichterstattung hatte den früheren nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers enorm unter Druck gesetzt.

Direkt im Anschluss stellte Hardy Prothmann seine lokalen Blogs zu Heddesheim, Hirschberg, Ladenburg und ab kommender Woche Weinheim, vor. Wie er erklärte, habe er das lokaljournalistische Angebot im Mai 2009 ins Leben gerufen. Aufhänger sei damals das Logistikzentrum „Pfenning“ gewesen, welches sich in der Gemeinde Heddesheim ansiedeln wolle.

Bei seiner Recherche fand er heraus, dass es in den Jahren zuvor zahlreiche negative Berichte über „Pfenning“ gab. Nachdem sich das Unternehmen in Heddesheim ansiedeln wollte, blieben diese jedoch aus. Unzufrieden mit der „Hurra-Berichterstattung“ des Mannheimer Morgen nahm er die Berichterstattung selbst in die Hand.

Stefan Aigner aus Regensburg macht seinen Lokaljournalismus auf „regensburg-digital.de“ schon seit drei Jahren. Ursprünglich war das Projekt aus einem Anzeigenblatt hervorgegangen. Inzwischen betreibt Aigner das Projekt in Eigenregie, unterstützt durch einen Kulturverein, über den Aigner Spenden erhält.

Unabhängig, mutig, unterfinanziert.

Mrazek merkte insbesondere den Untertitel des Blogs an: „Unabhängig, mutig, unterfinanziert“. Wie schlecht es um die Einnahmen bestellt ist, legte Aigner ebenfalls offen: „Ich lebe nur unwesentlich über HartzIV-Niveau, aber ich komme zurecht.“

Ihm folgte die Vorstellung von Dr. Christian Stöcker, stellvertretender Ressortleiter Netzwelt bei Spiegel Online. Gleich zu Beginn vermittelte er seine Kernbotschaft: „Die deutsche Bloggerszene ist eine Bereicherung für die Medienlandschaft.“ Dabei betonte er, dass es durchaus Blogs mit journalistischem Anspruch geben würde. „Blogs werden jedoch keinen Journalismus ersetzen, da sie sich nicht an Standards gebunden sehen“, so Stöcker.

Es folgte Peter Schink. Schink war unter anderem für den Relaunch von Welt Online verantwortlich. Darüber hinaus ist er aktiver Blogger und betreibt eines der ältesten deutschen Blogs. Als Vertreter der Blogosphäre warf er einen Blick auf die Stellung von Blogs im gegenwärtigen Mediensystem. „Was ist anders, wenn ein einzelner etwas publiziert statt eines Verlags?“, war seine Frage an die anwesenden Zuhörer.

Hardy Prothmann hielt den beiden entgegen, dass „kleine Blogs“ oft kritischer als „große Medienhäuser“ berichten, weil die „Abhängigkeiten“ fehlten. Zudem würden viele Redaktionen nur vom Schreibtisch aus arbeiten und nicht draußen bei den Menschen sein. Standards wie Recherche, sichere Fakten, Quellenschutz und andere professionelle journalistische Qualitäten finden selbstverständlich bei guten Blogs statt – oft besser als in „Monopolredaktionen“.

Eine schwierige Situation

Auf die Frage, wie es um die Finanzierung und Akzeptanz der Angebote stehe, redeten alle Teilnehmer Tacheles. Das größte Problem sei, so Alfons Pieper, dass man „keine Rechtsabteilung in der Hinterhand“ habe. Eine Klage oder einen Prozess könne man faktisch nicht riskieren. Auch wenn man monatlich inzwischen 2,5 Millionen Seitenaufrufe erhalten würde. Das wir-in-nrw-Blog ist aber auch nicht-kommerziell angelegt.

Wie riskant die Situation sein kann, verdeutlichte Stefan Aigner. Er wurde bereits mit drei Klagen überzogen. Zwei davon konnte er gewinnen. Ein Prozess steht noch aus. Auf den juristischen „Streit“ mit der Erzdiözese konnte er sich jedoch nur durch Spenden einlassen. „Momentan reicht es für 1,5 Instanzen“, so Aigner.

Aigner hatte in einem Missbrauchsfall durch einen katholischen Priester an einem Jungen eine spätere Geldzahlung als „Schweigegeld“ bezeichnet. Die Kirche will ihm das juristisch untersagen lassen. Die Prozesse wolle man grundsätzlich durchfechten. Schließlich hat ein Gericht bei einem der beiden vorangegangenen Prozesse schon festgestellt, dass „Wahrheit grundsätzlich nicht rechtswidrig“ ist.

Auch Hardy Prothmann hatte schon mehrere „Klage“-Drohungen: „Das ist schon erstaunlich – als ich noch für große Medien berichtet habe, gab es keine einzige Klage, jetzt versucht man mich und andere damit einzuschüchtern.“

Ein Blick in die Zukunft

Das nach wie vor konkrete Problem ist und bleibt also die Finanzierung. Primär würde diese bisher über Werbung ermöglicht.

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Hardy Prothmann gibt im Anschluss an seine Podiumsdiskussion einer Journalsitenschülerin ein Interview. Bild: Christian Mühlbauer

Wie es zukünftig mit lokaljournalistischen Blogs weitergehe, konnte man nicht abschließend beantworten. Professioneller, journalistisch ausgebildeter Nachwuchs sei jedenfalls vorhanden. Vielleicht kommen in der Zukunft Zusammenschlüsse von journalistischen Blogs in Form von Netzwerken zustande. Man müsse aber auch festhalten, so Peter Schink, dass die deutsche Blogosphäre im Vergleich zu anderen Ländern nicht gut entwickelt sei.

Auch die Frage der Refinanzierung werde sich über kurz oder lang lösen lassen, wie Dr. Stöcker festhielt. So sei „viel Luft für Werbung“, wenn man den Anzeigenmarkt Print mit dem Anzeigenmarkt Online vergleiche.

Hardy Prothmann merkte an, dass Online-Werbung oft noch erklärungsbedürftig sei, sich der Trend aber eindeutig weg vom Print hin zu Online entwickle: „Printwerbung ist im Vergleich zu Onlinewerbung extrem teuer und wenig erfolgreich – online trägt weiter, ist schneller, flexibler und kann einfach mehr.“

Hinweis:
Der MainzerMedienDisput wurde 1996 erstmalig veranstaltet und wird von der rheinland-pfälzischen Staatskanzlei, der Friedrich-Ebert-Stiftung und der Landeszentrale für Medien und Kommunikation Rheinland-Pfalz getragen. Die Medienpartner des Disputs sind der Südwestrundfunk (SWR) und das Zweite Deutsche Fernsehen (ZDF).

Anmerkung der Redaktion:
Christian Mühlbauer absolviert ein redaktionelles Praktikum bei uns in der Zeit vom 22. November – 10. Dezember 2010. Herr Mühlbauer studiert an der Fachhochschule Ansbach „Ressortjournalismus.“