Sonntag, 04. Juni 2023

Großeinsatzlage in Dossenheim – Feuerwehren des Unterkreises Ladenburg üben gemeinsam


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Ansprache und Zuwendung sind wichtig im Notfall.

Dossenheim/Rhein-Neckar, 27. September 2011. (red) Am vergangenen Samstag heulten Einsatzsirenen in Dossenheim. Feuerwehren aus sechs Orten und zwei Werkfeuerwehren mussten Brände löschen und Personen retten. Ein großes Spektakel für die Bevölkerung, die die Übungseinsätze interessiert verfolgte, aber auch eine notwendige Übung, um die Zusammenarbeit der Wehren zu verbessern.

Von Hardy Prothmann

Während die Feuerwehren Dossenheim und Schriesheim gerade einen Brand im katholischen Kindergarten in der Wilhelmstraße bekämpfen, kommt die Meldung, dass ein Fahrzeug feststeckt. Geparkte Autos verhindern das Durchkommen. Eine Katastrophe im Ernstfall. Die wichtigsten Ausrüstungsgegenstände schleppen die Feuerwehrleute zu Fuß zum Einsatzort. Kostbare Rettungszeit vergeht. Leider nehmen viele Autofahrer keine Rücksicht auf ein gutes Durchkommen der Rettungskräfte.

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Vorbereitung und Team-Work.

Im verrauchten Kindergarten werden zwei vermisste Personen gesucht – ein Erwachsener und ein Kind. Über das Fenster wird ein Kind gerettet, der Erwachsene wird versorgt und aus dem Gebäude getragen.

Kurz drauf ruft der nächste Einsatz. Ein Blitzschlag ist auch hier der Auslöser. Brannte im Kindergarten der Stromverteilerkasten, ist es in der Schule ein Kabelbrand. Ein Lehrer steckt mit 25 Kindern im dritten Stock fest, sie flüchten sich auf zwei Dachterrassen der Neuberg-Schule. Das Treppenhaus ist ohne Atemschutz nicht passierbar.

Die Drehleitern aus Schriesheim und Ilvesheim bringen sich in Position und holen die Personen in den Körben vom Dach. Eine Person ist so schwer verletzt, dass sie mit der Trage gerettet werden muss. Außerhalb des Gefahrenbereichs übernehmen die Rettungsdienste die Verletzten. Löschfahrzeuge aus Altenbach, Ursenbach und Ilvesheim und der Firma Metzeler (Edingen-Neckarhausen) werden in Stellung gebracht und der Brand bekämpft, während parallel die Rettung läuft.

Als wären die Wehren nicht schon genug gefordert, kommt der dritte Notruf. Im Neuberg-Schwimmbad hat es einen Chemikalienunfall gegeben. Es hat sich Chlorgas gebildet, ein Hausmeister muss gerettet werden. Mit einem ABC-Erkundungsfahrzeug wird die Lage gecheckt, aus Edingen, Neckarhausen und von den Chemischen Betrieben Ladenburg kommen Löschfahrzeuge zum Einsatzort. Die Dekontaminierungseinheit aus Neckarhausen ist vor Ort. Die Feuerwehr Ladenburg misst die Schadstoffbelastung. Unter Atemschutz wird der Verletzte gerettet.

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Chemieunfall - die Zeit läuft, jede Sekunde zählt.

Der vierte Einsatz findet in der Schulstraße, Ecke Bachstraße statt. Ein Pkw ist wegen überhöhter Geschwindigkeit in eine Mauer geknallt. Der Fahrer ist verletzt und eingeklemmt. Betriebsstoffe laufen aus. Die Heddesheimer Feuerwehr muss das Fahrzeug aufschneiden, bevor sie die Person retten kann. Mit hydraulischem Werkzeug spreizen und zerschneiden sie die Karosserie (des Schrottautos). Als das Dach weg ist, wird der Verletzte für den Rettung aus dem Auto vorbereitet. Ein Rettungskorsett wird angelegt.

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Rettung - möglichst schonend.

Weit über 100 Kräfte sind im Einsatz – die Szenarien vielfältig, aber „alltagstauglich“ – so könnte es auch in wirklich sein. Die Übung ermöglicht es, Schwachstellen zu finden und zu verbessern.

Eine offensichtliche war, dass bei keinem Einsatz alle oder die meisten Wehren des Unterkreises Ladenburg gleichzeitig beteiligt waren – doch nur dann muss man sich auch koordinieren. Sicherlich sind den Fachleuten von den Feuerwehren alle Dinge aufgefallen, die nur Fachleute erkennen können. Immerhin war der stellvertretende Kreisbrandmeister Axel Schuh vor Ort und beobachtete die Einsätze. Was ihm nicht auffallen konnte – die verletzte Person auf dem Dach der Schule blieb über lange Minuten hinweg unversorgt und ohne Ansprache, obwohl bereits Feuerwehrkräfte auf dem Dach waren. Auch beim Einsatz am Pkw fiel auf, dass ein Feuerwehrmann minutenlang mit einem Nothämmerchen die Frontscheibe bearbeitete, um ein Loch für die Säbelsäge zu schaffen, was aber nicht gelang. Ein Schnitt mit der hydraulischen Schere in die A-Säule erzeugte dann ein Loch. Mit der Säbelsäge (einer Art Stichsäge) wurde die verklebte Scheibe dann herausgetrennt.

 

Das sind Details, doch kommt es oft genau darauf an. Im Großen und Ganzen waren die Zuschauer sicherlich beeindruckt vom Einsatzwillen und wie innerhalb kürzester Zeit eine Rettung geplant, aufgebaut und durchgeführt wird. Und man musste nicht zwei Mal hinschauen, um zu sehen, wie anstrengend das ist. Die verschwitzen Gesichter der Feuerwehrleute zeigten die Strapazen eindeutig.

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Rettung aus schwindeleregenden Höhen.

Unsere Bildergalerie zur Übung finden Sie auf dem Rheinneckarblog.de

Fotostrecke: Feuerwehr Ladenburg ehrt die Toten

Guten Tag!

Ladenburg, 04. Dezember 2010 (red). Am Sonntag, den 28. November 2010, erwies die Feuerwehr Ladenburg ihren toten Kameraden Ehre und marschierte fast vollzählig zum Friedhof, wo ein Kranz niedergelegt wurde.

Die Totenehrung hat bei der Feuerwehr Ladenburg eine lange Tradition. Sie ist ein „Pflichttermin“, um der toten Kameraden zu gedenken. Gut 130 Mitglieder der Feuerwehr, aktive und passive, marschierten gemeinsam mit der Jugend zum Friedhof.

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Kranzniederlegung zur Erhrung der Toten.

Pfarrer Markus Wittig (Evangelische Kirchengemeinde Ladenburg) hielt eine Ansprache und betonte die Gemeinsamkeiten von Gläubigen und Feuerwehr: „Die Feuerwehr rettet, der Glaube rettet.“ Feuerwehr und Kirche verbinde darüber hinaus „die gegenseitige Achtung in der Gemeinschaft.“ Der Feuerwehrchor begleitete die Andacht.

Im Anschluss wurde ein Kranz am „Kreuz“ auf dem Ladenburger Friedhof niedergelegt. Der Evangelische Posaunenchor begleitete die Veranstaltung musikalisch.
Bürgermeister Rainer Ziegler nahm in Uniform an der Ehrung teil. Auch Kreisbrandmeister Peter Michels nahm an der Veranstaltung teil.

Nach der Prozession trafen sich Feuerwehrmitglieder und Familien im neuen Feuerwehrhaus zum geselligen Beisammensein – zum zweiten Mal. Das erste Treffen dieser Art hat im vergangenen Jahr zum 150-jährigen Jubiläum stattgefunden. Feuerwehrkommandant Harald Lange sagte: „Vergangenes Jahr fand das noch im Domhof statt und die Resonanz war auch dieses Jahr wieder überwältigend.“

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Medien brauchen Informanten – manche aber nur für die Sensation

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Guten Tag!

Ladenburg/Rhein-Neckar, 06. Juli 2010. Kreisbrandmeister Peter Michels ist sauer – zu Recht. Entweder haben Angehörige der Feuerwehr widerrechtlich Informationen an Medien weitergegeben und/oder die Feuerwehr wurde abgehört – beides ist nicht in Ordnung. Die Antwort auf die Frage, warum das passiert, ist einfach: Es geht um die Sensationsgier bei manchen Medien.

Kommentar: Hardy Prothmann

Man darf gespannt sein, ob die Zuschauer des Rhein-Neckar-Fernsehens (RNF) darüber informiert werden, dass der Provinzsender entweder „Informanten“ bei der Feuerwehr hat oder die Feuerwehr selbst abhört.

Man darf vermuten, dass dies eher nicht passiert, denn entweder hätte der Sender durch das Abhören eine strafbare Handlung begangen oder sich systematisch informieren lassen, was eine Anleitung zu einer Straftat sein könnte.

Die Integrierte Leitstelle der Feuerwehren in Ladenburg jedenfalls hat sich gewundert, wie schnell gewisse Medien, das Rhein-Neckar-Fernsehen und große Tageszeitungen der Region, bei Einsätzen vor Ort waren.

Deshalb setzte die Integrierte Leitstelle in Ladenburg einen fingierten, also falschen Einsatzbefehl, ab und wenige Minuten später meldete sich das RNF telefonisch und wollte weitere Informationen haben, kurz darauf meldete sich eine Zeitung.

Damit war klar: Entweder waren die betreffenden Medien aus den Reihen der Feuerwehr informiert worden oder hören ab.

Medien und Journalisten sind oft auf „Hinweise“ von Informanten angewiesen. Durch das Zeugnisverweigerungsrecht haben sie die Möglichkeit, diese „Informationsquellen“ zu schützen.

Das macht dann Sinn, wenn solche „Hinweise“ Recherchen auslösen, durch die Hintergründe ans Licht der Öffentlichkeit kommen, die sonst niemals bekannt geworden wären. Jeder Journalist, der seinen Beruf ernst nimmt, baut sich solche Netzwerke auf, die ihn mit Informationen versorgen.

Auch in unserem Fall sind wir durch einen Informanten auf das Thema aufmerksam geworden. Uns wurde der interne Brief des Kreisbrandmeisters an die Feuerwehren zugespielt.

Die Motivation, Informationen weiterzugeben, kann vielfältig sein. Manchmal sind die Motive Rache, Eifersucht, Missgunst. In den meisten Fällen, in denen mir Informationen zugespielt wurden, ist die Motivation der Informanten aber eine ehrenhafte gewesen: Sie wollten Missstände öffentlich machen – aus Sorge um die Firma, die Behörde, das Allgemeinwohl.

In der Branche nennt man Informanten „Whistleblower“. Leider werden Informanten immer noch als „Petzen“ oder als „Verräter“ verunglimpft. Je brisanter die Information, je größer die Folgen für „bestimmte“ Personen, umso größer ist der Hass und die Wut auf die vermeintlichen „Verräter“. Selbst dann, wenn der „Verrat“ dazu dient, Systeme der Korruption, Mobbing, Geldwäsche oder andere schlimme Sachen aufzudecken, bleibt in den Augen vieler Menschen eine Schuld beim „Verräter“ haften. Deswegen ist es gut und richtig, dass Journalisten ihre Informanten schützen können, damit diese keine Nachteile erfahren.

Im vorliegenden Fall geht es aber nicht um Fragen des Allgemeinwohls oder der Integrität einer Firma oder einer Behörde.

Im vorliegenden Fall geht es schlicht und einfach um Sensationsgier.

Es geht darum, die besten Bilder von lodernden Flammen zu machen. Oder Opferbilder, Blut, Chaos, Zerstörung exklusiv zu haben, um damit Auflage zu machen.

Das Kalkül ist einfach: Je sensationeller die Bilder, umso größer wird das Interesse sein.

Wenn Medien sich nur noch um die Sensation bemühen und nicht mehr um die Information, muss sich kein Journalist und keine Redaktion wundern, wenn es viele Menschen gibt, die das anekelt. Die das nicht mehr wollen. Auch wenn es genug Menschen gibt, die gerade diese Sensation interessiert.

Journalisten und Redaktionen entscheiden selbst über ihre Haltung, ihren Umgang mit den Themen. Und über ihre Methoden.

Der Kreisbrandmeister Peter Michels ist an einem offenen Umgang mit den Medien interessiert – auch im vorliegenden Fall war er noch nach Dienstschluss für uns erreichbar. Aber er ist zu recht sauer.

Weil er sich hintergangen fühlt – vielleicht denkt er gerade darüber nach, was es bedeutet, dass er an einem guten Verhältnis zu den Medien interessiert ist, manche Medien aber das gute Verhältnis zu ihm egal ist.

Es wäre bedauerlich, wenn sich bei Herrn Michels das Gefühl einschleicht, dass er Medien nicht mehr vertrauen kann. Denn das Ergebnis wäre eine „verbrannte Erde“, ein gestörtes Verhältnis. Weil einzelne sich schlecht verhalten, müssen oft alle darunter leiden. Den größten Schaden nimmt dabei die Öffentlichkeit, die nicht mehr offen informiert würde. Vor allem Boulevardmedien sind bekannt dafür, „verbrannte Erde“ zu hinterlassen.

Winnenden und Erfurt sind dafür leider „eindrückliche“ Beispiele.

Der Kritik, dass die Feuerwehren Daten unverschlüsselt überträgt, wird sich der Kreisbrandmeister stellen. Zur Ehrenrettung der Feuerwehren muss man feststellen, dass der „Datenschutz“ bei der Einführung der Systeme noch keine wahrgenommene Bedeutung hatte.

Heute ist das anders. Der Datenschutz ist ein zu recht wichtiges Thema. Von den Feuerwehren kann und muss man erwarten, dass sie das Manko der unverschlüsselten Übertragung schnell beheben.

Und von manchen Medien sollte man erwarten können, dass sie innehalten und überlegen, ob das, was sie tun, tatsächlich „in Ordnung“ ist.

Leider kann man davon ausgehen, dass sich die „üblichen Verdächtigen“ darüber keine Gedanken machen werden. Ihr Geschäft ist die Sensation. Was anderes kennen sie nicht und wollen es auch nicht kennen.

Das beste Korrektiv dafür sind die Menschen selbst. Sie sind mit dafür verantwortlich, welche Medien sie nutzen. Fehlt die Akzeptanz für die Sensationsgier, dann werden die Medien sich neu orientieren oder wegen Misserfolgs eingestellt.

Ungeschützter Datenverkehr: Datenschutzskandal bei Feuerwehr und Rettungsdiensten

Guten Tag!

Ladenburg/Rhein-Neckar, 06. Juli 2010. In einem „Brandbrief“ weist der Kreisbrandmeister Peter Michels die Feuerwehren darauf hin, dass „Informationen zu den Rettungseinsätzen abgefangen werden und per SMS an Personen außerhalb der Feuerwehr“ weitergeben werden. Auf eine fingierte Meldung hin meldete sich als erstes das Rhein-Neckar-Fernsehen.

Von Hardy Prothmann

Der interne Brief hat es in sich: Die Feuerwehr vermutet „Lecks“ in den eigenen Reihen. Sprich: Mitglieder der Feuerwehr informieren „Dritte“, also Medien, aktuell und exklusiv über Einsätze. Vielleicht sogar gegen Geld oder andere Gefälligkeiten.

Kreisbrandmeister Michels ist stinksauer. Entweder gibt es Informanten innerhalb der Feuerwehren oder der Datenfunk wird abgehört. Bild: Feuerwehr

Kreisbrandmeister Michels schreibt: „Dieser Tage haben wir die Information erhalten, dass Alarmierungen für die Kreisführung abgefangen werden und per SMS letztlich auch an Personen außerhalb der Feuerwehr weitergeben werden. Dies war der Anlass, dass wir über die Leitstelle einen fingierten Alarm haben aussenden lassen. Bereits innerhalb der ersten fünf Minuten, gab es eine erste Rückmeldung in der Integrierten Leitstelle. Ca. weitere fünf Minuten später meldete sich eine weitere Person aus dem Bereich der Presse.“

Ein Skandal erster Güte, denn es wird gleich gegen mehrere Gesetzte verstoßen und Schutzpflichten werden verletzt, wie der Kreisbrandmeister auflistet: § 201 StGB (Verletzlichkeit der Vertraulichkeit des Wortes), § 203 StGB (Verletzung von Privatgeheimnissen), § 331 StGB (Vorteilsnahme), § 332 StGB (Bestechlichkeit), § 353 b StGB (Verletzung des Dienstgeheimnisses und einer besonderen Geheimhaltungspflicht), § 358 StGB Nebenfolgen.

Kreisbrandmeister Peter Michels bestätigt uns das Problem auf Nachfrage und sagt: „Wir haben mit unserem Schreiben die Feuerwehren auf die gesetzlichen Bestimmungen aufmerksam gemacht. Bei weiteren Verstößen solcher Art müssen die Betroffenen mit einer Strafanzeige rechnen.“

Pikant: Als erstes meldete sich das Rhein-Neckar-Fernsehen bei der Einsatzstelle und wollte weitere Informationen über den Einsatz haben: „Das kann ja wohl gar nicht sein“, empört sich Michels: „Ich habe überhaupt nichts gegen die Arbeit der Medien, aber ich habe sehr wohl etwas dagegen, dass Informationen, die an die Feuerwehr gerichtet sind, an Dritte weitergegeben werden.“

Ob das „Leck“ in den eigenen Reihen zu finden ist oder der Funkverkehr durch das Rhein-Neckar-Fernsehen abgehört wurde, konnte die Integrierte Leitstelle bislang nicht herausfinden. Nach Informationen der Redaktion hat sich auch eine große Zeitung aus dem Raum diese Informationen beschafft.

Das Problem: Die sensiblen Daten könnten verschlüsselt übertragen werden, wenn alle Beteiligten über dieselben Geräte verfügen würden. Tun sie aber nicht – damit man sich „versteht“, muss unverschlüsselt übertragen werden.

Deswegen ist es auch ein Datenschutzskandal der Rettungsdienste und Feuerwehren. Denn die Funkdaten werden überwiegend unverschlüsselt übertragen und können mit geringem Aufwand von jedem „mitgehört“ werden – das verstößt zwar gegen das Gesetz, aber diesen Verstoß ermöglichen die Rettungsdienste selbst durch die ungeschützte Übertragung der Daten. Eine koordinierte Anschaffung der Geräte hätte dies verhindert.

Was das in der Konsequenz bedeutet, zeigt ein Beispiel aus Österreich. Auf der Internetseite heise.de wird die Problematik der ungeschützten Datenübertragung eindrücklich geschildert:

„Ein Österreicher hatte in der Gegend von Tirol einen handelsüblichen Funkscanner mit der Soundkarte seines Rechners gekoppelt und mit frei im Internet erhältlicher Software das völlig unverschlüsselte POCSAG-Signal der Pager in einer Datenbank mitprotokolliert. Bei rund 400.000 Einsätzen pro Jahr im Bundesland Tirol kamen innerhalb weniger Tage unzählige Datensätze mit zum Teil sehr sensiblen Informationen zusammen.

Ein Alarmierungsdatensatz der Tiroler Leitstelle umfasst nicht nur den Namen der jeweiligen Einheit und ein Einsatzstichwort, wie es im analogen BOS-Funknetz üblich war, sondern die Leitstelle überträgt bei Rettungseinsätzen auch den vollständigen Namen des Patienten, den genauen Einsatzort, das etwaige Transportziel sowie einen Code für eine detaillierte Erstdiagnose, der sich anhand einer von der Leitstelle veröffentlichten Liste, problemlos entschlüsseln lässt. So steht etwa Code 26A22 für ein Penisproblem, 25A2 für eine Selbstmordgefährdung, 23C5 für eine Kokainvergiftung, 4B2S für eine starke Blutung nach Sexualdelikt, 12C1E für eine schwangere Epileptikerin mit Krampfanfall und so weiter. Die Feuerwehr verwendet ähnlich detaillierte Codes.“

Auch im Rhein-Neckar-Kreis werden Adresse, Name sowie Einsatzstichworte übermittelt: Dabei erfährt man, ob es sich beispielsweise um ein internistisches, gynäkologisches Problem handelt, erfährt Informationen zur Dringlichkeit. BET heißt beispielsweise Behandlung (BE) und „T“ steht für „terminiert“. Oft werden hier auch weitere Informationen übertragen.

Ob die verunglückte Person damit einverstanden ist, dass medizinische Details und andere Informationen an die Öffentlichkeit gelangen, interessiert dabei nicht. Es geht darum, als erster vor Ort zu sein und „exklusive Bilder“ machen zu können, es geht um Sensationsjournalismus.

Auch bei den Feuerwehren werden diese Informationen im Klartext übermittelt. Noch – zur Zeit laufen vorbereitende Arbeiten zur Digitalisierung des Funks, der dann künftig verschlüsselt übertragen werden soll. Auf dem Königsstuhl wird eine Station auf dem ehemaligen AFN-Mast errichtet, weitere Basisstationen werden im Gebiet Rhein-Neckar-Kreis, Heidelberg und Mannheim im Laufe des nächsten Jahres errichtet.

Bis das neue System läuft, ist es offen – dass heißt, jeder, der technisch ein wenig versiert ist, kann mit einer Investition unter 100 Euro in entsprechende Geräte mithören.

Absurd: Zwar wird künftig irgendwann, voraussichtlich in eineinhalb bis zwei Jahren, die Kommunikation der BOS, also der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben, verschlüsselt übertragen. Aber im Gegensatz zu Hessen, wo eine Alarmierung übers digitale Funknetz angestrebt wird, bleibt Baden-Württemberg beim POCSAG – das kann theoretisch auch verschlüsselt werden, aber nur, wenn alle Empfänger darauf abgestimmt wären. Das ist nur bedingt möglich, deshalb müssten neue Geräte angeschafft werden, das kostet Geld – ob es zur Verfügung gestellt wird, bleibt abzuwarten.