Mannheim/Rhein-Neckar, 08. Juli 2014. (red/hp) Das zweitgrößte Polizeipräsidium in Baden-Württemberg hat nun den Polizeipräsidenten, der seit Anfang des Jahres eigentlich seinen Job tun sollte. Nach der Klage eines potentiellen Mitbewerbers mussten einige Stellen neu ausgeschrieben werden und Polizeidirektor Thomas Köber wurde für besondere Aufgaben nach Stuttgart beordert. In der Übergangszeit führte seine Stellvertreterin Caren Denner das Amt kommissarisch. Seit heute Vormittag um 11:30 Uhr ist Herr Köber mit Übergabe der Ernennungsurkunde in Dienst und am Nachmittag war er bereits im Präsidium. [Weiterlesen…]
Kommunen weiter mit „blauem Problem“
Mannheim, 02. Juli 2014. (red/csk) Erst wird getrunken, dann gelärmt oder Unbeteiligte werden angepöbelt, Gegenstände beschädigt, Müll liegen gelassen. Alkoholkonsum auf öffentlichen Plätzen kann zum Problem werden. Ein Verbot dagegen gibt es in Baden-Württemberg nicht. Und dabei bleibt es auch. Das ist das Ergebnis des Runden Tisches „Lebenswerter Öffentlicher Raum“ der Landesregierung. Wir haben in den Rathäusern unseres Berichtsgebiets gefragt, wie man dort mit den Problemen durch den Genuss von Alkohol im öffentlichen Raum umgeht. [Weiterlesen…]
NPD-Aktivitäten in Weinheim: Innenministerium bestätigt gefestigte Szene
Weinheim/Rhein-Neckar, 12. Juni 2013. (red/pm) Das von der NPD angekündigte „Bürgergespräch“ in der Sulzbacher Gaststätte „Zum schwarzen Ochsen“ wird vermutlich nicht stattfinden, weil der Wirt dem öffentlichen Druck nachgegeben hat. Die Landtagsabgeordneten Gerhard Kleinböck (SPD) und Hans-Ulrich Sckerl (Bündnis90/Die Grünen) haben beim Innenministerium nachgefragt, wie das Amt die „rechtsextremen Aktivitäten“ in der Region einschätzt. Die Antwort ist eindeutig: „Gefestigt“. Die Rechten sind im Landesvergleich in Nordbaden am aktivsten. [Weiterlesen…]
Doppelmord in Eberbach: „Das sind zwei Tote zuviel“
Rhein-Neckar/Eberbach, 08. Januar 2013. (red/pro) Der grüne Landtagsabgeordnete Hans-Ulrich Sckerl zeigt sich wie alle Menschen tief betroffen vom Doppelmord in Eberbach, bei dem ein Lehrer und Stadtrat sowie seine Ehefrau, eine Kinderärztin am vergangenen Freitag erschossen im Wohnhaus aufgefunden worden sind. Der innenpolitische Sprecher der Fraktion Bündnis90/Die Grünen im Stuttgarter Landtag äußert sich im Exklusiv-Interview angesichts der Bluttat kritisch gegenüber dem deutschen Waffenrecht und dem Besitz von Waffen.
Interview: Hardy Prothmann
Herr Sckerl, zwei Menschen sind kaltblütig im beschaulichen Eberbach umgebracht worden. Die beschauliche Stadt im Odenwald trauert um die Eheleute, zwei engagierte, beliebte und friedliche Mitbürger, die, wie nun feststeht, bereits in der Nacht zum 2. Januar gezielt vom Ex-Freund der Frau erschossen worden sind. Der zweijährige Enkel überlebte vermutlich nur durch Zufall. Wie haben Sie das aufgenommen?

Der Jurist Hans-Ulrich Sckerl ist Landtagsabgeordneter für den Wahlkreis 39 Weinheim und innenpolitischer Sprecher von Bündnis90/Die Grünen. Er fordert seit Jahren mehr Kontrollen und ein schärferes Waffengesetz. Fot0: privat
Hans-Ulrich Sckerl: Mit Entsetzen wie wohl alle Menschen im Land. Das ist einfach furchtbar. Ich hoffe vor allem für die Tochter, das Enkelkind und die gesamte Familie, dass sie dieses traumatische Erlebnis irgendwie verarbeiten können.
Sie haben bereits vor drei Jahren in einem Interview mit unserer Redaktion eine verstärkte Waffenkontrolle gefordert – jetzt sind die Grünen an der Macht. Wann kommen die stärkeren Kontrollen?
Sckerl: Die sind bereits auf den Weg gebracht, aber es muss noch besser werden. Das Innenministerium hat seit 2011 die Kontrolldichte erhöht und es gibt vermehrt unangemeldete Kontrollen, ob Waffen legal besessen werden und sachgerecht aufbewahrt werden. Aber die unteren Waffenbehörden sind personell zu schwach besetzt und die Kontrollen sind nur ein Teil der Lösung auf dem Weg zu weniger Waffen. Noch wichtiger wäre, das Waffengesetz zu verschärfen. Doch das ist nicht Länder- sondern Bundessache.
„Waffen sollten überhaupt nicht privat aufbewahrt werden dürfen“
Was sollte da geändert werden?
Sckerl: Grundsätzlich sind wir gegen den privaten Besitz großkalibriger Waffen. In jedem Fall muss die Aufbewahrung bei allen privaten Waffen neu geregelt werden. Mir wäre am liebsten, dass Waffen überhaupt nicht privat aufbewahrt werden dürfen, aber das ist sehr schwierig umzusetzen. Auf jeden Fall aber sollten Waffen und Munition getrennt aufbewahrt werden, damit der unmittelbare Zugang deutlich erschwert wird.
Was ist daran schwierig?
Sckerl: Ein Beispiel sind Jäger, das habe ich lernen müssen. Wenn die einem verletzten Unfalltier den Gnadenschuss geben, häufig nachts, irgendwo im Wald, brauchen die eine Waffe und Munition dafür. Bei einem Sportschützen kann ich aber keinen einzigen Grund erkennen, warum Waffen und Munition nicht getrennt aufbewahrt werden sollten.
Das wird die Sportschützen nicht freuen.
Sckerl: Ich habe überhaupt nichts gegen Sportschützen und will auch nicht, dass sie diesen Sport nicht mehr betreiben können. Aber es gibt zu viele Fälle, bei denen Menschen durch Waffen von Sportschützen umgekommen sind, Erfurt und Winnenden sind besonders dramatische Beispiele.

Die Menschen in Eberbach waren fassungslos. Zunächst wusste niemand, warum der Lehrer und die Kinderärztin sterben mussten. Die Ermittlungsbehörden fanden heraus, dass der Exfreund der Ärztin vermutlich aus verzweifelten Motiven handelte. Als Sportschütze hatte er großkalibrige Waffen, die auch das Militär benutzt. Mit einer Pistole erschoss der geübte Schütze das Ehepaar kaltblütig. Beide traf er ins Herz, bei der Frau setzte er einen Nachschuss in den Kopf an.
„Hier steht Geschäft gegen ein Recht auf Sicherheit der Bürger.“
Warum verschärft die Bundesregierung das Waffengesetz Ihrer Meinung nach nicht?
Sckerl: Da ist eine mächtige Lobby am Werk, der es um’s Geschäft geht. Mit Waffen lässt sich eben nicht nur in Amerika viel Geld verdienen – letztlich auf Kosten der Sicherheit der Bevölkerung. Die Menschen haben ein Recht auf Sicherheit und das wird durch das aktuelle Waffengesetz, eine vielerorts zu lasche Handhabung und durch viele Vollzugsdefizite verletzt.
Was können Sie unternehmen?
Sckerl: Mit dem Innenminister herrscht Einigkeit darüber, dass wir eine Bundesratsinitiative zur Eindämmung des privaten Waffenbesitzes einbringen wollen. Aber dafür brauchen wir Verbündete, damit das zum Tragen kommt. Das ist harte Überzeugungsarbeit gefragt, damit wir an den aktuellen Zuständen was ändern können.
Was sollte ein neues Waffengesetz regeln?
Sckerl: Wie gesagt, halte ich eine Trennung von Waffen und Munition für wichtig. Wie man das regelt, muss halt verhandelt werden. Weiter wünsche ich mir eine regelmäßigere und strengere Eignungsprüfung, ob der Betreffende zum Waffenbesitz auch fähig ist. Da viele Menschen zahlreiche Waffen und hohe Mengen an Munition zu Hause lagern, muss der Bedarf sehr kritisch auf den Prüfstand. Bei jemandem, der nicht ernsthaft und pflichtbewusst seinem Sport nachgeht, muss angeordnet werden können, dass er die Waffen abzugeben hat.
„Der Doppemord zeigt alarmierend, dass hier Handlungsbedarf besteht.“
Der Doppelmörder von Eberbach ist 2004 Mitglied in einem Schützenverein geworden und ist regelmäßig zum Schießtraining gegangen.
Sckerl: Das zeigt, dass auch die psychologische Verfassung eines Menschen einen einmal erteilten legalen Waffenbesitz sehr problematisch machen kann. Hier wird zu untersuchen sein, welche Überprüfungen des Waffenbesitzes es seit 2004 gab, ob eine Überprüfung der Eignung stattgefunden hat. Im aktuellen Eberbacher Fall war der Täter wohl in einer psychisch sehr labilen Verfassung. Gleichzeitig war er ein trainierter Leistungsschütze. So jemand darf aber gar keine Waffe besitzen.

Der Sportschütze verwendete für seinen Doppelmord ein deutsches Fabrikat, eine SIG Sauer 9 Millimeter. Die Pistole ist selbstladend und wird vor allem vom Militär eingesetzt. Abbildung ähnlich. Quelle: Wikipedia, Rama, CC BY-SA 2.0 FR
Er hatte sieben Waffen und eintausend Schuss Munition sowie Jagd- und Kampfmesser.
Sckerl: Das zeigt doch in alarmierendem Umfang, dass hier dringend Handlungsbedarf besteht. Wenn jemand so viele Waffen und diese riesige Menge Munition besitzt, dann hat das nach meiner Erfahrung nur noch wenig mit „harmlosem Sport“, aber viel mit einem Waffennarr zu tun.
Der Täter hatte eine weitere Waffe und weitere Munition bei sich. Hätte es noch schlimmer können, wenn beispielsweise eine Polizeistreife ihn angehalten hätte?
Sckerl: Darüber mag ich überhaupt nicht spekulieren. Fest steht, zwei Menschen sind umgebracht worden. Die Familien trauern wie auch die gesamte Eberbacher Bürgerschaft um den Verlust dieser ehrbaren Menschen, die in ihrer Heimatstadt äußerst beliebt waren. Angesichts dieser fürchterlichen Tragödie will ich mich weiter dafür einsetzen, dass die Menschen ihr Recht auf Sicherheit bekommen. Das Recht auf Waffen gehört nicht dazu.
Kriminalpolizeiaußenstellen im Rhein-Neckar-Kreis werden geschlossen

Dienstmarke der Kripo. Quelle: Wikipedia, Wo st 01, CC BY-SA 3.0
Mannheim/Heidelberg/Rhein-Neckar/Stuttgart, 31. Juli 2012. (red/pol) Jetzt steht es fest: Opfer der Polizeireform werden die Kriminalpolizeiaußenstellen (Kast). Die sechs Standorte im Rhein-Neckar-Kreis werden geschlossen und von der Kriminalpolizeidirektion Heidelberg respektive des Kriminalkommissariats Mannheim übernommen. Projektleiter Detlef Werner will Bürger und Gemeinden nochmals vor Ort über die Änderungen informieren.
Information der Polizei:
„Mit der Entscheidung des Innenministeriums, im Rahmen der Strukturreform der Polizei Baden-Württemberg nur die bisherige Kriminalpolizei-Außenstelle in Bruchsal als künftiges Kriminalkommissariat zu erhalten, herrscht nun auch in der Rhein-Neckar-Region Klarheit über die Zukunft der sechs Außenstellen in Eberbach, Sinsheim, Wiesloch, Schwetzingen, Weinheim und Ladenburg: diese ausgelagerten, eher kleinen Standorte werden ab dem Zeitpunkt der Verschmelzung des Polizeipräsidiums Mannheim mit der Polizeidirektion Heidelberg aufgelöst; ihre Aufgaben von Beamten der Kriminalpolizeidirektion Heidelberg respektive des Kriminalkommissariats Mannheim übernommen.
„Wir wissen, dass diese Entscheidung insbesondere im Rhein-Neckar-Raum nicht unumstritten ist“ signalisierte der Leiter des Projektes „Polizeipräsidium Mannheim/Heidelberg“, Detlef Werner, Verständnis für die Proteste, die sich vornehmlich an den Dienstsitzen der Kriminalpolizei-Außenstellen öffentlich artikulierten. „Ich kann den Befürchtungen aber insoweit entgegentreten, dass wir uns mit der kriminalpolizeilichen Betreuung keineswegs aus der Fläche zurückziehen. Die Kriminalpolizei wird am Standort Heidelberg künftig mit rd. 300 Kriminalbeamtinnen und Kriminalbeamten gegenüber heute in doppelter Personalstärke arbeiten und mit ihrer deutlich erhöhten Leistungsfähigkeit gerade auch den ländlichen Bereichen des künftigen Zuständigkeitsbereichs zu Gute kommen.“
Der Leitende Polizeidirektor, nominell noch stellvertretender Leiter der Landespolizeidirektion im Regierungspräsidium Karlsruhe, wies darauf hin, dass die hohe Dichte von sechs Kripo-Außenstellen auf einem Raum von nur ca. 60 x 20 Kilometern landesweit die ganz große Ausnahme darstellt und die Erfahrungen in den anderen Regionen Baden-Württembergs zeigen, dass kriminalpolizeiliche Aufgaben sehr wohl zentral bearbeitet werden können. „Der größte Teil der Polizeidienststellen in Baden-Württemberg verfügte noch nie über Kripo-Außenstellen, und niemand könnte behaupten, dass die Betreuung dort schlecht gewesen wäre“ so Detlef Werner weiter.
Darüber hinaus würden auch in der heutigen Organisationsstruktur bereits wesentliche kriminalpolizeiliche Aufgaben, insbesondere bei Kapitaldelikten, nahezu ausschließlich von den zentralen Standorten der Kriminalpolizei und nicht von den Kriminalpolizei-Außenstellen wahrgenommen. Weiterhin seien die Kriminalpolizei-Außenstellen im Tagesdienst organisiert, weshalb außerhalb der üblichen Büroarbeitszeiten schon bisher der Kriminaldauerdienst von Heidelberg bzw. von Mannheim aus alle sofort erforderlichen kriminalpolizeilichen Maßnahmen für die Außenstellen wahrgenommen habe. In Zukunft werde dies für den gesamten Zuständigkeitsbereich eines Polizeipräsidiums Mannheim/Heidelberg ein rund um die Uhr einsatzbereiter Dauerdienst zentral von Heidelberg aus übernehmen.
Dennoch will die Projektleitung des Polizeipräsidiums Mannheim/Heidelberg der Metropolregion Rhein-Neckar Region die Entscheidung aus Stuttgart nicht einfach nur übermitteln und dann zur Tagesordnung übergehen. Detlef Werner will in den nächsten Wochen zusammen mit seinen für die Kriminalpolizei-Organisation zuständigen Teilprojekt-Leitern Gerhard Regele (Leiter der Kriminalpolizei bei der Landespolizeidirektion im Regierungspräsidium Karlsruhe) und Siegfried Kollmar (Leiter Kripo Heidelberg) das Gespräch mit den Oberbürgermeistern bzw. Bürgermeistern der betroffenen Städte und Gemeinden suchen, um mit ihnen konkret zu besprechen, wie auch in der neuen Dienststellenstruktur die enge und gute Zusammenarbeit zwischen den Kommunen und der Kriminalpolizei fortgeführt werden kann.
Erfreut zeigte sich Projektleiter Werner über die Zustimmung aus Stuttgart zur Einrichtung von zwei Verkehrskommissariaten in Heidelberg und Walldorf, die der künftigen Verkehrspolizeidirektion Mannheim nachgeordnet werden sollen. Damit steht die Gliederung der Verkehrspolizei weitestgehend fest.
Am Standort der Verkehrspolizeidirektion in Mannheim sollen eine Verkehrsunfallaufnahme für den westlichen Teil des neuen Zuständigkeitsbereichs, Verkehrsüberwachungskräfte für den Bereich des gewerblichen Güter- und Personenverkehrs sowie Kräfte zur örtlichen Verkehrslenkung und Verkehrsregelung angesiedelt werden. Hinzu kommt das Autobahnpolizeirevier in Seckenheim.
Beim Verkehrskommissariat Heidelberg werden Einheiten zur Aufnahme von schweren Verkehrsunfällen im östlichen Teil des Zuständigkeitsbereichs, zur Verkehrsüberwachung für den Bereich Geschwindigkeitsmessung und Videomessverfahren sowie ebenfalls zur örtlichen Verkehrslenkung und Verkehrsregelung stationiert sein.
Dem Verkehrskommissariat Walldorf werden neben dem normalen Streifendienst der Autobahnpolizei auch der Autobahn-Fahndungsdienst und ein spezieller Ermittlungsdienst für Sachverhalte aus den Bereichen Fahndungsdienst und Verkehrsüberwachung angehören.
“Mit dieser Gliederung und örtlichen Verteilung der Kräfte der Verkehrspolizei gewährleisten wir in den verschiedenen Fachgebieten der Verkehrsüberwachung die notwendige Spezialisierung des Personals und haben bei der Aufnahme von schweren und rechtlich komplexen Verkehrsunfällen sowie bei erforderlichen Maßnahmen der Verkehrslenkung und ?regelung kurze Interventionszeiten.“
Mannheim bleibt Präsidium, Heidelberg bekommt Kriminaldirektion
Mannheim/Heidelberg/Rhein-Neckar/Stuttgart, 27. März 2012. (red/pm) Heute hat Innenminister Reinhold Gall die Eckpunkte der zukünftigen Polizeistruktur vorgestellt: Danach wird das neue Polizeipräsidium für Nordbaden in Mannheim sitzen, ebenso ein Kriminalkommissariat. Heidelberg wird Sitz der Kriminaldirektion. Mit 2.330 Polizeivollzugsbeamten haben die Stadtkreise Mannheim und Heidelberg, sowie der Rhein-Neckar-Kreis die zweithöchste Personalstärke nach Karlsruhe im Land.
Die Polizeireform soll bei gleicher Personalausstattung eine effizientere Polizeiarbeit möglich machen und die Polizei für die Zukunft stärken. Wir das gelingen? Diese Frage hat in den vergangenen zwei Monaten, seit die ersten Informationen herauskamen, viele Bürgerinnen und Bürger beschäftigt.
Heute wurde der neue Zuschnitt der nunmehr 12 Polizeipräsidien bekannt gegeben. 37 Polizeidirektionen fallen damit weg – unter anderem Heidelberg. Mannheim bleibt Präsidium und bekommt Heidelberg dazu. Umgekehrt bekommt Heidelberg die Kriminaldirektion und in Mannheim wird ein Kriminalkommissariat eingerichtet. Die Polizeireviere bleiben, ebenso die Posten. Insgesamt hat die Reform zur Folge, dass die Hierarchien flacher werden und vor allem im Mittelbau und bei den Führungskräften neu strukturiert wird. Die frei werdenden Kräfte sollen dem Dienst vor Ort zugute kommen.
Nordbaden mit am größten
Das Polizeipräsidium Mannheim, Heidelberg, Rhein-Neckar-Kreis wird nach Karlsruhe landesweit die meisten Polizeivollzugsbeamte (2.330) haben. Auch relativ auf die Einwohnerzahl umgerechnet liegt das neue Präsidium mit einem Vollzugsbeamten auf 374 Einwohner auf dem zweiten Platz hinter Stuttgart, wo es nur 234 Einwohner sind. Aber schon im Präsidiumsbereich Karlsruhe kommen auf einen Beamten 439 Einwohner, in Freiburg 473 und in Heilbronn gar 519.
Von außen betrachtet, ändert sich für die Bürgerinnen und Bürger zunächst also erstmal nichts. Kritik und Sorgen gab es wegen der Schließung der Kriminalaußenstellen, die durch Kriminaldauerdienste ersetzt werden. Wie sich das in der Praxis auswirkt, muss man abwarten.
Offener Brief des Aktionsbündnis Pro Kripo Weinheim an Gerhard Kleinböck
Weinheim/Rhein-Neckar, 13. März 2012. Die Bürgerinitiative „Pro Kripo Weinheim“ macht Druck. In einem offen Brief an den SPD-Landtagsabgeordneten Gerhard Kleinböck werden detailliert Bedenken aufgeführt. Auch der Grüne Hans-Ulrich Sckerl und das Innenministerium sind Adressaten des „Brandbriefs“. In Ladenburg gründet sich ebenfalls eine Initiative – die Bürger kämpfen für ihre Kriminalpolizei in ihrer Region. Sie wollen eine Vor-Ort-Lösung, keine Tischplanung. Das Bündnis sucht den Kontakt zu allen Bürgerinnen und Bürger, die sich für eine „Kripo vor Ort“ einsetzen wollen.
Offener Brief der Bürgerinitiative „Pro Kripo Weinheim“:
„Sehr geehrter Herr Kleinböck,
wir wenden uns heute im Namen des Aktionsbündnisses „Pro Kripo Weinheim“ an Sie, mit der Bitte sich für den Erhalt der Kripo-Außenstelle in Weinheim (und für alle anderen im Rhein-Neckar-Raum) einzusetzen.
Wir haben Ihre gemeinsame Stellungnahme mit Herrn Sckerl und die Stellungnahmen vom Innenministerium genau gelesen und diskutiert.
Sie haben aber unsere Bedenken und Argumente nicht entkräftigen können.
Fakt ist, dass die bestehende Struktur absolut effizient und schlagkräftig war und ist! Auch der Pressesprecher der Polizeidirektion HD hat uns versichert, dass vor den Reformplänen nie eine Kritik an der Leistungsstärke oder Professionalität der Kripo-Außenstelle geäußert wurde.
Es gibt bestimmt Regionen in BW, wo eine Zusammenlegung der Außenstellen und Polizeidirektionen zu einem
schlagkräftigen Polizeipräsidium nötig ist. Aber in unserer Region mit zwei großen Städten, der räumlichen Nähe zu Frankfurt ( mit einem schon durch den Flughafen bedingtem Drogenumschlagplatz, der Einflugschneise zwischen Frankfurt und Mannheim und dadurch erhöhter Kriminalität), exisitiert schon seit Jahren eine schlagkräftige Struktur!
Sie könnte nur noch durch Personalaufstockung der einzelnen Dienststellen (auch in Weinheim sind sowohl Kripo als auch Schutzpolizei chronisch unterbesetzt) schlagkräftiger werden!
Es ist schon fast höhnisch, wenn der Pressesprecher des Innenministeriums, A. Schanz, die Größe der Außenstelle Weinheim ( <10 Beamte) als Argument heranzieht, um diese Außenstelle zu schließen.
Sukzessiv wurde in den letzten Jahren aus Spargründen und wegen fehlender Stellen in Heidelberg der Personalstand reduziert. Aber die Arbeit wurde nicht weniger eher noch mehr, das zeigt sich z.B. auch an den Überstunden (teilweise über 160) der Beamten und Angestellten.
Wir haben viele Eltern, die sich im Aktionsbündnis engagieren und die begründete Befürchtung haben, dass Weinheim zu einem zweitem Viernheim wird.
Denn gerade im Drogenbereich und derJugendkriminalität ist die Präsenz der Beamten und auch die Repression eine der besten Präventionsmaßnahmen überhaupt.
Sie kennen unsere Argumente bzgl. der Orts- und Personenkenntnisse ja wahrscheinlich schon aus der Presse. Aber wir möchten noch einmal betonen, wie bedeutsam dieses Argument ist! Diese Kenntnisse machen den Großteil der Ermittlungserfolge aus.
Wenn die Beamten in Mannheim sitzen, kann man sich genau vorstellen was in den nächsten Jahren passieren wird.
Bedingt durch Personalausfall (Urlaub, Rente, Krankheit) werden „unsere“ Beamten in immer größerem Maße andere Bereiche/Orte mitbetreuen müssen und verlieren ihren Bezug zu Weinheim.
Die zwanglosen Gepräche mit den Bürgern, Ämtern, Bürgermeistern, Jugendleitern der Vereine, mit den Rektoren der Weinheimer Schulen, den Streetworkern und last not least mit den Jugendlichen auf der Straße, werden nicht mehr in der Häufigkeit und erfolgreichen Weise stattfinden können.
„Unsere“ Beamten sind Weinheimer, d.h. sie kennen diese Bezugspersonen auch aus einem persönlichem Umfeld heraus und daher können solche Gespräche „zwanglos“ stattfinden. Und das wird verloren gehen. Mal davon abgesehen, dass Sie auch Ihre „Pappenheimer“ kennen und schon oft am Tatort merken, welche Handschrift dieses Verbrechen trägt.
Dies kann auch nicht durch eine noch so gut funktionierende Schutzpolizei, die durch die Reform sowieso kaum Stärkung erfährt, kompensiert werden.
Auch eine angeblich hochspezialisierter Kriminaldauerdienst, der in Mannheim und Heidelberg bereits seit Jahren
vorhanden ist, konnte und kann dies nicht leisten.
Die Kriminal-Außenstellen sind wichtig, sonst wären sie ja auch nicht gegründet worden. Man kann der CDU-Landesregierung bestimmt nicht vorwerfen, dass sie das Geld mit vollen Händen während ihrer Legislaturperiode in die Polizei/Kripo gesteckt hat.
Da gab es Gründe, die Handeln erforderten.
Und das war z.B. ein erhöhter Anstieg der Kriminalität in unserer Region. Wir leben hier in einem Ballungsgebiet und haben die entsprechenden Probleme auch bei uns in den Kleinstädten.
Unsere Beamten in Weinheim sind für die Sicherheit von 80.000 Einwohnern zuständig und betreuen ein Gebiet von Laudenbach bis Schriesheim. Wie soll solch ein Gebiet ohne Kripo-Außensstellen effizient betreut werden?
Mal abgesehen davon, das die Fahrzeit nach Mannheim im Berufsverkehr mind. 30 Min. beträgt.
Sollen Kinder, die Opfer eines sexuellen Missbrauchs geworden sind, erst nach Mannheim gefahren werden oder 30 Min. in der Wache sitzen und auf eine ausgebildete Kripobeamtin warten?
Sollen Rentner, die Opfer eines Betrugs geworden sind und als Zeugen befragt werden, zukünftig nach Mannheim oder Heidelberg fahren müssen?
Das kann doch auch nicht in Ihrem Sinne sein.
Daher appellieren wir an Sie, sich für den Erhalt der Kripo-Außenstellen in der Region einzusetzen.
Wir können uns nicht vorstellen, dass eine differenzierte Betrachtung der Gegebenheiten in Baden-Württemberg nicht auch zu unterschiedlichen Strukturierungen in den einzelnen Regionen führt.
Da wir Regionen wie die Schwäbische Alb, Bodensee oder die Rhein-Neckar-Region nicht über einen Kamm scheren können, sollte auch eine Polizeireform den unterschiedlichen Bedürfnissen im Detail gerecht werden.
Mit freundlichen Grüßen im Namen des Aktionsbündnisses
Claudia Funke, Gernot Sam und Doris Rauh“
Bürgerinitiative fordert Erhalt der Kripo-Außenstellen

Cladia Funke und Gernot Sam wollen für den Erhalt der KAst kämpfen.
Weinheim/Rhein-Neckar, 07. März 2012. Sie sind noch nicht viele – hoffen aber bald viele zu sein. In Weinheim hat sich eine Bürgerinitiative „Pro Kripo Weinheim“ gebildet, die für den Erhalt der kriminalpolizeilichen Außenstellen (KAst) kämpfen will. In verschiedenen Weinheimer Geschäften liegen Unterschriftslisten bereit. Die Initiative sucht Kontakt zu Bürgern in anderen Gemeinden, um gemeinsam auftreten zu können.
Für Claudia Funke und Gernot Sam, zwei der Initiatoren ist die Sache klar: Sie sind definitiv gegen eine Schließung der KAst in Weinheim.
Wir brauchen die Beamten, die sich vor Ort auskennen. Alles andere verschlechtert die wichtige Arbeit der Beamten.
Ein Dutzend Bürgerinnen und Bürger haben sich am Montagabend im Restaurant „Beim Alex“ zusammengefunden, um auch die Presse über ihr Vorhaben zu informieren.
Zum Pflänzltag planen sie einen Info-Stand und werben Unterschriften gegen die geplanen Schließungen ein.
Zu lokalen Politikern haben sie schon Kontakt aufgenommen und Frau Funke äußert sich kritisch:
Herr Sckerl schien mir nicht gut informiert zu sein.
Nach ihrer Auffassung hat der Landtagsabgeordnete der Grünen eine eher positive Haltung zur Reform.
Kontakte zur Polizei sind nicht möglich:
Die haben einen Maulkorb verpasst bekommen und dürfen sich nicht äußern.
Gernot Sam bringt das Ergebnis der Schließung so zum Ausdruck:
Man nimmt uns die Schutzfunktion und wenn die mal weg ist, kommt sie nicht wieder.
Die Bürgerinnen und Bürger sind nicht grundsätzlich gegen die Reform, sagen, dass sie sich nicht anmaßen, die Sinnhaftigkeit insgesamt in Frage zu stellen:
Aber wir äußern unsere Sorgen. Auch, weil die bisherige Kommunikation uns diese nicht genommen hat.
Auch der Kinderschutzbund und die Suchtberatung unterstützen das Anliegen. Bis zum 26. März will man Unterschriften sammeln und diese an Innenminister Gall senden. Ein ambitioniertes Unterfangen, denn die Zeit drängt: Um Ostern sollen die Details der Polizeireform verkündet werden. Und ist das der Fall, dürften die Entscheidungen gefallen sein.
Im Internet hat die Initiative ein Blog gestartet, über das man Kontakt aufnehmen kann: ProKripoWeinheim.wordpress.com.

Ein Dutzend Bürger machen in Weinheim den Anfang.
Dokumentation der Position der Bürgerinitiative Pro Kripo Weinheim:
„Die vom baden-württembergischen Innenminister Gall vorgesehene Polizei-Struktur-Reform soll zu einer Kompensierung von 1.000 fehlenden Stellen (speziell im Bereich Cyber- und Wirtschaftskriminalität) bei gleichbleibendem Personalschlüssel führen. Durch den Wegfall von Führungsebenen im unteren Bereich sollen zusätzliche Kräfte für den “Dienst auf der Strasse” frei werden. Versprochen wird zudem eine Aufstockung der Polizeireviere (Schutzpolizei) durch jeweils zwei Beamte, die für eine erhöhte Sicherheit der Bevölkerung sorgen soll.
Tatsache ist jedoch, dass schon heute fast alle Reviere unterbesetzt sind und auch die Kripo-Außenstellen wurden schon unter der letzten Landesregierung massiv zusammengekürzt. Wir bezweifeln, dass durch ein Zusammenziehen der Kräfte nach Mannheim oder Heidelberg (Polizeipräsidium Kurpfalz) und der Einrichtung eines Kripo-Dauerdienstes, die bisherige hohe Aufklärungsrate im Bereich der Drogendelikten, Serieneinbrüche und Kapitalverbrechen weiterhin aufrecht gehalten werden. Die letzte Kriminalstatistik spricht Bände: die 39 Kripobeamten (und 11 Angestellte) der Außenstellen Weinheim, Schwetzingen, Sinsheim, Walldorf und Wiesloch lösten 50% aller Straftaten im Gebiet der Polizeidirektion Heidelberg. Und das mit einer Personalqoute von 20%. Das zeigt unserer Meinung nach sehr deutlich, die hohe Effizienz und Arbeitsqualität der bestehenden Kripo-Aussenstellen.
Diese sollten verstärkt anstatt ohne eine zwingende Notwendigkeit zerstört werden.
Desweiteren werden durch die Schliessung der Aussenstelle bisherige Synergieeffekte, die aus der räumlichen Nähe zur Schutzpolizei entstehen, nicht mehr möglich sein. Jede Unternehmensberatung weist immer wieder darauf hin wie wertvoll die Kaffeepausen in einem Betrieb sind. Viele wichtige Informationen werden oft beim zwanglosen Gespräch auf dem Flur oder im Pausenraum ausgetauscht, so auch in den Revieren. Die Kollegen von Schutzpolizei und Kripo arbeiten Hand in Hand und bilden oft genug Einsatzgruppen, um gemeinsam einen Straftäter zu ermitteln.
Unserer Meinung nach ist es ein großer Unterschied ob Kripobeamte (die alle in Weinheim und naher Umgebung wohnen) vor Ort sind und somit örtliche Gegebenheiten und Personen kennen oder ein Team beispielsweise aus Heidelberg anreisen muss und ohne die nötigen Ortskenntnisse die Ermittlungen durchführen muss. Mal davon abgesehen, dass gerade im Bereich der Jugend- und Drogenkriminalität eine besondere Vertrauensbeziehung bestehen muss, damit auch für die Strafvereitlung benötigte Hinweise aus der Szene gegeben werden.
Zudem ist uns unklar wie mit einem Personalstand von über 50% von über 50jährigen ein Kriminal-Daeuerdienst ausgebaut werden soll. Über 50jährige sind vom Schichtdienst befreit!
Wahrscheinlich werde in Zukunft mehr Straftaten in den Großstädten anfallen, die mit zentralen Polizeipräsdien besser bekämpft werden können. Bei gleichzeitig begangenen Straftaten und Unterbesetzung des Dauerdienstes werden zur Zeit die Kripobeamten der Aussenstellen hinzugeholt. Dies wird dann wegfallen und die Fläche wird unter den Tisch fallen.“
Die Menschen vor Ort verstehen Ihre Veränderungspläne nicht.
Rhein-Neckar, 05. März 2012. (red) In einem gemeinsamen Schreiben wenden sich die Oberbürgermeister von Eberbach, Weinheim, Sinsheim, Schwetzingen und Wiesloch an Innenminister Reinhold Gall (SPD). Sie kritisieren die geplante Polizeirefom und folgern: „Der Image- und Vertrauensverlust gegenüber der Polizei wäre immens.“
Von Hardy Prothmann
Das gemeinsame Schreiben hat es in sich:
Die engagierte und dennoch von Sachlichkeit geprägte Bürgerdiskussion, sollte Sie hellhörig machen.
Die Oberbürgermeister Bernhard Martin (Eberbach), Heiner Berhard (Weinheim), Rolf Geinert (Sinsheim), Dr. René Pöltl (Schwetzingen) und Franz Schaidhammer (Wiesloch) lassen in ihrem Protestbrief, der der Redaktion vorliegt, keinen Zweifel an Ihrem Unmut und dem der Bürgerinnen und Bürger:
Ihre Pläne, die Kriminalaußenstellen aufzulösen, sind aus unserer Sicht nicht nachvollziehbar und widersprechen dem Prinzip einer effizienten und bürgernahen Polizeiarbeit.
Nach Auffassung der Oberbürgermeister „sorgen die Beamtinnen und Beamten in den Außenstellen seit Jahren dafür, dass die Kriminalpolizei vor Ort von den Bürgerinnen und Bürgern als wirksame Einheit wahrgenommen wird.“
Daraus ergebe sich ein Sicherheitsgefühl, das nun auf einen Schlag zerstört würde:
Der Image- und Vertrauensverlust gegenüber der Polizei wäre immens.
Die Verwaltungschefs weisen auf zahlreiche Bürgerinitiativen und Interessensverbände hin, die vor Ort für ihre Kripo kämpfen. Gerade aus Blick von Eltern und ihren Kindern habe die Sicherheitslage eine besondere Bedeutung:
Die Beamtinnen und Beamten waren in den letzten Jahren gerade im schulischen Umfeld zu wichtigen Vertrauensleuten geworden.
Die erfolgreiche Polizeiarbeit funktioniere nur mit überschaubaren Einheiten vor Ort, mit fundierter Personen- und Ortskenntnis.
Warum sollen diese Errungenschaften, diese mit Fleiß und Sachverstand erarbeitete Grundlage erfolgreicher Polizeiarbeit nicht weiterhin genutzt werden? Wir sehen darin keinen Sinn.
Insbesondere bei Betäubungsmitteldelikten sei die Arbeit der Kriminalpolizei vor Ort unerlässlich.
Bürgerinnen und Bürger haben ein Recht darauf, dass es auch weiterhin vor Ort schlagkräftige und effiziente kriminalpolizeiliche Einheiten gibt.
Die kriminellen Handlungen fänden immer noch vor Ort, auf der Straße und an den Haustüren statt:
Die Straftaten zentralisieren sich nicht.
Hintergrund: Die Polizeidirektionen und -präsidien im Land sollen von 37 auf 12 reduziert werden. Damit einhergehend werden viele Außenstellen aufgelöst. Natürlich ist der Grund vor allem, Kosten einzusparen. Dem stellen sich die Polizeibeamten, befürchten aber einen Qualitätsverlust und vor allem Ineffizienz der Arbeit, was unterm Strick erst Geld einsparen, dann aber viel Geld verschwenden würde.
Bis Ostern sollen die Einzelheiten der Reform benannt werden.
Jung, besoffenen und gewalttätig – dagegen hilft nur Zivilcourage
Guten Tag!
Ladenburg, 11. Juni 2010. Glückwunsch an die Polizei – die Vandalierer, die Ende April das Rundklo an der Festwiese „zerlegt“ hatten, konnten ermittelt werden und sehen nun ihrer Verurteilung entgegen. Der Fahnungserfolg ist positiv – die negative Entwicklung der zunehmenden Gewaltbereitschaft unter Alkoholeinfluss bleibt.
Von Hardy Prothmann
Laut Kriminalstatistik stellt der Alkohol ein zunehmendes Problem dar. Der Alkohol? Nein, der nicht – vorwiegend aber Männer und hier leider immer mehr junge Männer, die Alkohol nicht genießen, sondern sich damit besaufen.
2009 hatte jeder dritte Jugendstraftäter zur Tatzeit getrunken. Innenminister Heribert Rech will darauf mit Alkoholverboten auf öffentlichen Plätzen reagieren, um „jugendliche Eskalationen“ einzudämmen. Ein Verbot gibt es schon: Seit März 2010 darf ab 22:00 Uhr kein Straßenverkauf von Alkohol mehr stattfinden. Herr Rech sieht „das Land auf einem guten Weg, jungendlichen Trinkorgien damit Herr zu werden“.
Diese Analyse darf getrost angezweifelt werden. Verbote helfen nur selten – Aufklärung ist der schwierigere, aber bessere Weg. Beispielsweise die „Aktion-tu was„, mit der das Innenministerium an die Bürger appelliert, mehr Zivilcourage zu üben.
Zivilcourage war auch die Grundlage, die vier jugendlichen Randalierer zu ermitteln. Der Ermittlungserfolg der Polizei basiert nicht auf kriminaltechnischen Gen-Analysen oder ähnlichem, sondern auf Zeugenaussagen. Das heißt, die Zeugen haben nicht weg-, sondern hingesehen und die Polizei bei ihren Ermittlungen unterstützt.
Zivilcourage ist ein heikles Thema. Vor kurzem bin ich vom Bodensee mit der Bahn nach Mannheim gefahren – in Ulm stieg eine Gruppe junger Männer, um die 15-16 Jahre alt, in den Zug.
Sie waren laut, sie waren lästig, sie wollten auffallen und provozieren. Irgendwann spielte einer mit einem Feuerzeug an den Sitzen herum.
Meine „Ansage“ kam für die Jugendlichen überraschend und unmissverständlich. Am nächsten Bahnhof verließen die sechs den Zug – anscheinend war ich ihnen zu unangenehm geworden. Weitere Bahngäste in meinem Blickfeld nickten mir anschließend bestätigend und dankend zu.
Selbst haben sie allerdings kein Wort gesagt – sicherlich aus Sorge vor Übergriffen. Jeder hat die schrecklichen Bilder und Nachrichten aus München im Kopf, wo ein Mann von Jugendlichen totgeschlagen wurde, weil er anderen Jugendlichen helfen wollte.
So auch ich. Ich habe trotzdem eingegriffen, weil ich mir das zutraue und einen Angriff einkalkuliert hatte. Damit bin ich kein Held, sondern ich habe nur meine Mittel benutzt.
Und jeder Mensch hat seine Mittel: Man kann beobachten, sich Personen und Handlungen einprägen, den Schaffner informieren oder über 110 die Polizei rufen. Später muss man seine Aussagen zu Protokoll geben, vielleicht vor Gericht aussagen. Das ist lästig, aber es ist wichtig, vor allem dann, wenn es Schäden oder sogar Opfer gegeben hat, damit diesen geholfen werden kann.
Es geht dabei um Solidarität mit anderen. Der andere kann man im Zweifel auch immer selbst sein und dann ist man froh um jede Unterstützung.
Frank Hartmannsgruber, Leiter des Polizeireviers Ladenburg, betont auf Nachfrage, dass das Alkohol-Gewalt-Problem in Ladenburg noch nicht „auffällig“ sei – trotz des Vandalismus der nunmehr überführten jungen Gewalttäter.
Herr Hartmannsgruber weiß, dass das Wetter hilfreich war – bislang eher nicht einladend, lange Partyabende im Freien zu verbringen.
Herr Hartmansgruber hat aber noch eine andere Erklärung: „Unsere Beamte sind mehr vor Ort präsent und zwar auch zu Fuß.“ Damit will die Polizei „aus der Anonymität herauskommen“, Präsenz und Gesicht zeigen.
Im Zweifel wird die Polizei auch Platzverbote aussprechen, wenn das Verhalten alkoholisierter Personen es nötig macht.
Ich finde die Präsenz gut und wichtig – sie schreckt sicherlich die einen ab, die Blödsinn im bedröhnten Kopf haben und gibt anderen ein sicheres Gefühl.
Das allein reicht allerdings noch nicht aus. Schön wäre es, wenn der Suff und damit verbundene Aggressionen bei den Jugendlichen als No-go gelten würden. Ein Bewusstsein zum Ausdruck gebracht wird, dass aggressiv und besoffen einfach asozial ist. Asozial im Sinne von „gegen die Gemeinschaft“ derer, die feiern möchten und Spaß haben wollen und keinen Stress.
Hier sind die Jugendlichen selbst gefragt, aber auch deren Eltern. Wer dem anderen zeigt, dass man sein Verhalten nicht akzeptiert, wird in den meisten Fällen Erfolg haben und erreichen können, dass sich das missliebige Verhalten ändert.
Dabei kann oder muss man sogar ganz egoistisch denken: ein Alkoholverbot auf öffentlichen Plätzen will die friedliche, feierlustige Mehrheit nicht. Die will auch keine Kameraüberwachung und noch mehr Verbote. Die Mehrheit will einfach nur eine gute Zeit haben.
Diesen legitimen Wunsch muss man unter Umständen mit Zivilcourage verteidigen. Jeder mit seinen Mitteln. 110 zu wählen, ist immer für jeden eine gute Wahl.
MdL Uli Sckerl: „Es gibt zu viele Waffen in Privatbesitz.“
Guten Tag!
Region Rhein-Neckar/Ladenburg, 15. Februar 2010. Der Landtagsabgeordnete der Grünen, Uli Sckerl, fordert eine zweite „Waffenamnestie-Runde“. Nach Auffassung der Grünen gibt es immer noch zu viele Waffen in Privatbesitz – viele davon illegal. Gerade im Rhein-Neckar-Kreis, Mannheim und Heidelberg sei die Aktion, legale und illegale Waffen abzugeben, nicht erfolgreich gewesen.
Interview: Hardy Prothmann
Herr Sckerl: Sie fordern eine zweite Waffenamnestie-Runde. Warum?
MdL Uli Sckerl: „Weil sie ein Erfolg war – nur nicht im Rhein-Neckar-Kreis und den Stadtkreisen Heidelberg und Mannheim. Im Rhein-Neckar-Kreis wurden gerade mal 792 Waffen abgegeben. Hier wurde zu wenig dafür geworben, vorhandene Waffen abzugeben. Das Landratsamt hat viel zu wenig unternommen, um die Bürger dazu zu bewegen, sich von ihren Schießeisen zu trennen. Wir Grüne wollen aber den privaten Waffenbesitz reduzieren.“
Warum sollen Privatleute, beispielsweise Schützen, keine Waffen besitzen dürfen?
Sckerl: „Ich glaube nicht, dass wir im Rhein-Neckar-Kreis 40.000 Sportschützen haben – so viele Waffen sind hier aber legal registriert. Hinzu kommt die zwei- bis dreifache Menge an illegalen Waffen, schätzen Polizeiexperten. Illegal ist dieser Waffenbesitz deshalb, weil deren „Besitzer“ keinen Waffenschein dafür haben.“
„Nach Winnenden musste man ein bisschen was für die Öffentlichkeit machen.“ Uli Sckerl
Wurden die alle illegal beschafft?
Sckerl: „Es können aber auch Erbstücke sein. Aber zum großen Teil sind es sicher illegal erworbene Waffen.“
Innenminister Heribert Rech hat Ihre Forderung abgelehnt. Was vermuten Sie als Grund?
Sckerl: „Mit der FDP sitzt die Waffenlobby am Tisch der Landesregierung. Klar, nach dem Amoklauf von Winnenden musste man für die Öffentlichkeit ein bisschen was machen, aber tatsächlich interessiert das Thema die schwarz-gelbe Regierung nicht. Es ist kein echter politischer Wille zu erkennen, den privaten Waffenbesitz einzudämmen.“
Dokumentation:
Pressemitteilung der Grünen zur Waffenamnestie
Übersicht der abgegebenen Waffen
Stellungnahme des Innenministeriums
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