
Aufstellung des Gurs-Mahnmals zur Erinnerung an die Deportation von Ladenburger Bürgern jüdischer Herkunft.
Ladenburg, 27. Januar 2012. (red) Eine klassenübergreifende Arbeitsgemeinschaft des Carl-Benz-Gymnasiums hat zur Erinnerung an die Deportation jüdischer Bürger Ladenburgs ein Mahnmal aufgestellt. Die Schülerinnen und Schüler hatten über ein Jahr die Geschichte der Ladenburger Juden erforscht und den Gedenkstein selbst entworfen und gestaltet. Ein zweiter Gedenkstein der AG steht seit Oktober 2011 zusammen mit 99 anderen Steinen in Form eines Davidsterns in Neckarzimmern.
Von Jörg Theobald
Ich habe noch 20 Minuten. Dann muss ich meinen Koffer gepackt haben und mich für immer von meinem Umfeld, meinen Freunden und allen anderen trennen.
Mit diesen Worten aus einem fiktiven Tagebucheintrag eines jüdischen Mädchens eröffneten die neun Schülerinnen und Schüler des Carl-Benz-Gymnasium die Aufstellung des Gedenksteins.
Das Mahnmal soll an die 27 jüdischen Bürgerinnen und Bürger Ladenburgs erinnern, die am 22. Oktober 1940 zusammen mit rund 6.500 weiteren in Baden, Rheinland-Pfalz und dem Saarland lebenden Juden nach Gurs deportiert wurden.
Das Mahnmal in Ladenburg ist Teil eines größeren Mahnmalprojekts der Abteilung Jugendpastoral der Erzdiözese Freiburg und dem Evangelischen Amt für Kinder- und Jugendarbeit der Landeskirche Baden.

Gedenken an die Opfer der nationalistischen Mörderbande.
Seit 2002 wurden rund 100 solcher Mahnmale in badischen Gemeinden errichtet. Gleichzeitig steht aus allen diesen Gemeinden jeweils ein zweiter Gedenkstein in Neckarzimmern. Dort bilden die Steine ein Gesamtmahnmal in Form eines Davidsterns.
Baracken aus Teerpapier und Holz
Die Schülerinnen und Schüler berichteten mit Hilfe von Berichten der Zeitzeugen Rahel Staniesky und Paul Niedermann über die Hintergründe und die abscheulichen Geschehnisse der damaligen Zeit.
Rahel Staniesky (geborene Hirsch), eine in Ladenburg geborene Jüdin, wurde mit Berichten über die katastrophalen Zustände in Gurs zitiert.
Die Baracke bestand aus Teerpapier und Holz, sehr primitiv. […] Wegen des ständigen Regens zog es von allen Ecken, dabei litten wir wie die meisten Insassen an infektiösen Durchfällen und anderen Krankheiten.
Vom Oktober bis zum Jahresende 1940 starben unter den dortigen Verhältnissen mehr als 1.000 Menschen an Kälte, Hunger und Krankheiten. Von den 27 Ladenburgern überlebten gerade einmal 7, der Rest „krepierte“ entweder in Gurs oder wurde in anderen Konzentrationslagern ermordet.
Paul Niedermann beschreibt die Verhältnisse in Gurs sehr direkt.
Es gab ja nichts, um die Leute zu pflegen. Man musste sie nicht töten, das waren ja keine Vernichtungslager. Aber man hat die Leute einfach krepieren lassen.
Grußworte mit Rosen
Erst im Herbst 2011 wurde überraschend bekannt, dass Ruth Steinfeld, eines der 27 Ladenburger Opfer der Deportation, noch am Leben ist. Die heute in Houston in Texas lebende Ladenburgerin übersandte postalisch ihre Grüße und ihre Wertschätzung für das Mahnmal.
Zum Abschluss legten die Schülerinnen und Schüler, ebenso die beteiligten Lehrerinnen und Lehrer unter dem Motto „Liebe deinen Nächsten wie dich Selbst“ Rosen am Mahnmal nieder. Dieses Zitat aus dem 3. Buch Mose ziert auch die Thorarolle auf dem Gedenkstein.
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Anmerkung der Redaktion:
Am Projekt beteiligte SchülerInnen: Helen Anders, Lisa Hänsel, Anna Jäger, Nina Kippenhahn, Ann-Kathrin Kübler, Viktoria Schwierz, Nadine Vollers, Max Wörrester.
Am Projekt beteiligte Lehrer: Petra Erl, Maren Knies, Martin Schaub, Markus Wittig.
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