Sonntag, 26. März 2023

Kontroverse Debatte um die Zukunft der Straßenbeleuchtung

Erhöhte Sicherheit oder Geldverschwendung?

Print Friendly, PDF & Email

Ladenburg, 27. November 2014. (red/ms) Ab 01:00 Uhr wird unter der Woche in Ladenburg das Licht ausgemacht. Dadurch spart die Stadt pro Jahr knapp 20.000 Euro. Doch das geht auf Kosten der Bürger, sagen zumindest die Freien Wähler: „Angsträume entstehen und das muss vermieden werden“. Mit Unterstützern aus der SPD reichte die Fraktion einen Antrag ein, die Beleuchtung wieder durchgängig einzuschalten – das verursachte eine kontroverse Diskussion.

Von Minh Schredle

Im April 2011 hat der Gemeinderat beschlossen, die Straßenbeleuchtung innerhalb der Stadt zwischen 02:00 Uhr und 04:00 Uhr abzuschalten. Ziel ist es, Energiekosten einzusparen und den CO2-Verbrauch zu verringern.

 

ladenburg gemeinderat blutspender-3

Ab 01:00 Uhr gehen die Lichter aus.

 

Auf einen Antrag des Jugendgemeinderats wurde diese Regelung abgeändert: Seitdem wird die Straßenbeleuchtung unter der Woche bereits um 01:00 Uhr ausgeschaltet, dafür wird in den Nächten von Freitag auf Samstag und Samstag auf Sonntag durchgängig beleuchtet.

Subjektives Empfinden vs. messbare Realität

Laut Angaben der Stadtverwaltungen hätten diese Maßnahmen pro Jahr etwa 20.000 Euro eingespart – allerdings sehen einige Bürger ihre Sicherheit gefährdet: Schon im Herbst 2011 wurde im Rathaus eine Unterschriftenliste von 135 Kritikern vorgelegt. Darüber hinaus gingen zahlreiche Beschwerden per email und der Post ein.

Die Dunkelheit bringe Gefahren mit und fördere Straftaten wie Vandalismus oder Einbrüche. Das Polizeirevier Ladenburgs gibt an, dass diese Befürchtungen objektiv nicht belegbar seien: Es gebe im Zeitraum der Nachtabschaltung keine gestiegene Kriminalitätsrate. Weder mehr Einbrüche, noch mehr Unfälle seien zu beobachten.

„Einsparungen sind unverhältnismäßig“

Dennoch reichten Stadträte der Freien Wähler und der SPD einen Antrag bei der Verwaltung ein, die Straßen wieder durchgängig zu beleuchten. Unterzeichnet wurde dieser von Fritz Lüns, Dr. Peter Hilger, Gudrun Ruster, Sven Ruster (Freie Wähler), Peter Erl, Bernd Garbaczok, Angelika Gelle und Ilse Schummer (SPD).

Gudrun Ruster, die Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler, sagte:

Ich bin nicht gegen Einsparungen, aber das ist unverhältnismäßig. Ladenburg wirkt bei Nacht geradezu geisterhaft. Im Dunkeln gibt es viele Stolperfallen, außerdem entstehen Angsträume und vor allem Frauen trauen sich alleine kaum noch raus. Die Einsparungen sind zu klein, um das zu rechtfertigen.  

Außerdem sei die Dunkelheit eine schwierige Situation für die Rettungsdienste: Diese hätten Schwierigkeiten, ohne ausreichende Ortskenntnisse die richtigen Adressen zu finden, was eine Gefahr für die Bürger darstellen würde.

Zuletzt handle es sich um ein Wahlkampfversprechen, dem man jetzt folgen wolle. Auch die CDU habe damit geworben. Es sei ein Thema, das sehr vielen Bürgern am Herzen liege.

Wohlbefinden der Bürger wird gestört

Ilse Schummer (SPD) sagte, dass es sich um ein sehr emotionales Thema handle. Die tatsächliche Gefahr sei nicht der einzige bedeutende Aspekt, wenn es um Angsträume geht:

Selbst wenn es nur ein subjektives Empfinden ist, stört es trotzdem das Wohlbefinden unserer Bürger.

Dem pflichtete auch Hannelore Zuber (GLL) bei.

Einsparpotenzial sinkt

2011 wurden durch die Nachtabschaltung noch 20.000 Euro eingespart. Inzwischen sind es nur noch 16.000 Euro – und der Betrag wird weiterhin sinken. Die Stadt setzt seit dem vergangenen Jahr auf eine Umrüstung der Straßenbeleuchtung auf LED-Technologie.

Das bringt zwar hohe Investitionskosten mit sich, allerdings sinkt dadurch der laufende Verbraucht drastisch: Laut Gregor Völker von der Verwaltung liegen die Einsparungen bei etwa 80 Prozent. Dadurch würden sich die Investitionen innerhalb eines Jahrzehnts amortisieren.

Klimafreundliche Maßnahme?

Derzeit sind etwa 19 Prozent der Leuchten im Stadtgebiet umgerüstet. In den kommenden beiden Jahren soll diese Quote auf 50 Prozent verbessert werden. Bürgermeister Rainer Ziegler sagte, die sei für ihn „der Break-Even-Point, ab dem man sich eine durchgängige Beleuchtung wieder leisten könne“.

Außerdem sagte der Bürgermeister, dass es nicht nur um monetäre, sondern auch um ökologische Aspekte ginge:

Auch der Strom- und der CO2-Verbrauch sind geringer. Das muss man ebenfalls bedenken. Mit LED-Leuchten ist das wieder etwas anderes.

Ähnlich sahen es die grünen Stadträte Alexander Spangenberg, Maximilian Keller und Martin Georg Schmollinger, so wie der FDP-Stadtrat FDP Wolfgang Luppe – für sie „ist der richtige Zeitpunkt noch nicht gekommen“. Sie lehnten den Antrag ab.

CDU vehement dagegen

Den größten Widerstand gegen den Antrag gab es aus den Reihen der CDU. Man müsse weiterhin sparen, es handle sich um eine Menge Geld. Der Fraktionsvorsitzende Karl-Martin Hoffmann sagte:

Bei den ökologischen Einsparungen schlägt meine grüne Seele.

Das sorgte für Gelächter, sowohl unter den Stadträten, als auch im Publikum.

Wahlversprechen gebrochen?

Dr. Peter Hilger (Freie Wähler) zeigte ein Wahlplakat der CDU, auf dem sich „Frauen aus der Union“ für Frauen aus Ladenburg einsetzen wollten und gefordert wird, dass die Beleuchtung wieder durchgängig angeschaltet wird.

Karl-Martin Hoffmann entgegnete:

Die CDU ist eine Volkspartei und da gibt es eben viele Meinungen. 

Die einzige Stadträtin in den Reihen der CDU ist Carola Schuhmann – auch sie sprach sich vehement gegen die durchgängige Beleuchtung aus:

Zu diesen Zeiten ist ja ohnehin kaum jemand unterwegs und wenn doch kann man sich ja darauf einstellen und eine Taschenlampe mitnehmen. 

Außerdem sei eine durchgängige Beleuchtung „ohnehin etwas Unnatürliches“. Es gebe zwar ein paar, die sich an der Dunkelheit stören würden, aber auch viele, die sehr froh darum seien und sagen würden: „Endlich mal wieder ein bisschen Nacht“.

Bessere Einsparmöglichkeiten?

Angelika Gelle von der SPD entgegnete, man könne nicht immer absehen, um wie viel Uhr man nach Hause kommt und sich dementsprechend darauf einstellen. Es würden mehr Ladenburger darunter leiden als davon profitieren:

Wenn man so dringend sparen muss, gibt es sicher noch bessere Möglichkeiten. Möglichkeiten, bei denen nicht so viele Bürgerinnen und Bürger belastet werden. 

Herr Hoffmann entgegnete, es wären „immer noch 16.000 Euro, die für die allermeisten ins Leere laufen“:

Wo sinnvoll gespart werden kann, muss das auch getan werden.

Allerdings könne man wieder darüber nachdenken, wenn man sonst keine finanziellen Sorgen habe und alle Lampen in der Stadt auf LED-Leuchten umgerüstet worden sind – das wird laut Angaben der Verwaltung frühestens 2018 der Fall sein.

Antrag abgelehnt

Alle anwesenden Stadträte der CDU stimmten gegen den Antrag, ebenso wie drei Grüne, Wolfgang Luppe von der FDP und Bürgermeister Rainer Ziegler. Diesen elf Gegenstimmen stehen neun Fürstimmen von allen vier Freien Wählern, vier SPD-lern und der grünen Hannelore Zuber gegenüber.

Wolfgang Zahner und Steffan Sallinger (beide SPD) enthielten sich bei der Abstimmung. Somit wurde der Antrag mehrheitlich abgelehnt. Aus der Diskussion ergab sich allerdings, dass 2016 eine Mehrheit für eine durchgängige Beleuchtung stimmen könnte.

Anmerkung der Redaktion: Uns ist das benannte Wahlplakat der CDU nicht bekannt. Wir haben Stadtrat Dr. Peter Hilger gebeten, uns ein Bild davon zuzusenden und werden es im Artikel ergänzen, sobald es unserer Redaktion vorliegt. 

Über Minh Schredle

Minh Schredle (22) hat 2013 als Praktikant bei uns angefangen und war seitdem freier Mitarbeiter. Von Dezember 2014 bis August 2016 hat er volontiert. Ab September 2016 ist er freier Mitarbeiter bei uns.