
Die Europaabgeordnete Franziska Brantner kandidiert für den Bundestag. Bei Bürgermeister Rainer Ziegler fragte sie nach, wie man der Stadt auf Bundesebene helfen kann.
Ladenburg, 24. Mai 2013. (red/ld) Kinderbetreuung, Lärmschutz, Klimaschutz und der Bahnhof nannte Bürgermeister Rainer Ziegler im Gespräch mit Franziska Brantner als Politikbereiche, die dringend Lösungen benötigen. Die Europaabgeordnete (Bündnis ’90/Die Grünen) bereitet sich auf ihren künftigen Job vor: Sie kandidiert bei der kommenden Bundestagswahl für den Wahlkreis Heidelberg/Weinheim. Aktuell ist sie auf Besuchsreisen zu den Bürgermeistern im Wahlkreis, um zu erfahren, „wo der Schuh drückt“. Am Donnerstag traf sie sich mit dem Bürgermeister und den GLL-Stadträten Ingrid Dreier, Georg Martin Schmollinger und Alexander Spangenberg. Beim Neujahrsempfang in Schriesheim hatte sie noch vor allem über EU-Themen gesprochen.
Von Lydia Dartsch

„Ich habe mich geschämt“, sagte Bürgermeister Ziegler zum Bahnhof. Split und Löwenzahn bedecken den Bahnsteig 1. Eine Handhabe, dass die Bahn die Situation verbessert habe die Kommune nicht.
Die zehn Minuten Verspätung, mit der Franziska Brantner gestern im Rathaus eintrifft, ist der verspäteten Bahn geschuldet. Der erste Eindruck, den sie gewinnt, ist nicht gerade positiv:
Ich habe mich zuerst gefragt, ob das wirklich ein Bahnhof ist?,
sagte sie: Split, Löwenzahnpflanzen und Pfützen hätten den Bahnsteig kaum erkennen lassen.
Beim Bahnhof haben wir keine Handhabe gegenüber der Bahn. Wir können nicht mal Druck machen, dass sich da etwas tut,
sagte Bürgermeister Ziegler. Und zwar erkennbar ärgerlich, denn der Zustand sei für die Stadt nicht repräsentativ und den Gästen des Internationalen Deutschen Turnfests (IDT) vermittle er einen falschen Eindruck von Ladenburg:
Ich habe mich geschämt,
sagte er. Auch die Anbindung an den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) sei wünschenswert. Erst 2015 soll eine S-Bahn hier halten:
Verkehrstechnisch haben wir eine Insellage,
sagte Bürgermeister Ziegler und berichtete von den Problemen, die sich dadurch für Ladenburgs Gäste beim IDT ergeben haben. So habe eine Gruppe Sportler eines Abends den letzten Bus von Seckenheim nach Ladenburg verpasst – sie hätten auch mit der Bahn fahren können, wenn das nur besser in Erfahrung zu bringen wäre.

Das Wartehäuschen am Bahnsteig 1. Ärgerlich für das Ansehen der Stadt.
Kein Geld für leise Züge
Auch sonst lässt die Bahn den Ladenburgern keine Ruhe. Das Problem sei, dass die Bahn lieber Lärmschutzwände errichte, als ihren Fuhrpark gegen leisere Wagen auszutauschen. Abgesehen davon, dass die Lärmschutzwände am Ladenburger Bahnhof nicht sonderlich schön seien, hätten sie noch eine unerwartete Wirkung in Sachen Bahnlärm gehabt:
In der Nähe des Bahnhofs ist es jetzt leiser, aber wenn man weiter weg geht, hört man plötzlich die Güterzüge, wo früher nie etwas zu hören war,
sagte Herr Ziegler. Neue Bahnwagen habe man zunächst auch auf europäischer Ebene gefordert, sagte Franziska Brantner. 30 Milliarden Euro habe die Europäische Kommission für den Austausch des Zugfuhrparks den EU-Ländern zur Verfügung stellen wollen.
Dieser Topf ist vom Europäischen Rat um 52 Prozent gekürzt worden – der Agrartopf hingegen nur um 0,7 Prozent,
sagte sie. Mit 30 Milliarden Euro hätte man den gesamten Fuhrpark der Bahn erneuern können. So reiche das Geld jetzt nur noch für Lärmschutzwände. Dabei habe die Agrarförderung mit 40 Prozent den größten Anteil am EU-Haushalt. Der größte Nutznießer der Förderung sei Deutschland – allen voran Lebensmittelkonzerne wie Südzucker in Mannheim.
Lärmaktionsplan muss kommen
Doch gegen den Lärm muss etwas getan werden. Das schreibt die EU vor und hat bereits erste Sanktionsmaßnahmen gegen Deutschland in die Wege geleitet. Weil die Lautstärke in Ladenburg über den Grenzwerten liegt, braucht die Stadt, wie auch Weinheim, einen Lärmaktionsplan. Gemeinsam mit den anderen Gemeinden arbeite man bereits daran, sagte Bürgermeister Ziegler.
Eine laute Stadt sei nicht attraktiv, auch nicht für junge Familien, die man in neue Wohngebiete locken will, die man derzeit ausweise und für die ein Bebauungsplan in Arbeit sei.
Ladenburg darf noch wachsen. In sechs Jahren wollen wir das nächste Baugebiet ausweisen,
sagte Bürgermeister Ziegler. Dafür wolle die Verwaltung und die GLL die Infrastruktur in der Kinderbetreuung  weiter ausbauen. 10 bis 20 Plätze mehr seien dafür notwendig. Dazu wünsche man sich flexiblere Betreuungszeiten, auch bis 17:00 oder 18:00 Uhr. Im Gemeinderat gebe es dafür aber bislang keine Mehrheit. Die Notwendigkeit für mehr Kinderbetreuung werde von den großen Fraktionen nicht gesehen. Stattdessen werde argumentiert, die Stadt erfülle die im Gesetz geforderte Betreuungsquote von 34 Prozent, liege mit 38 Prozent sogar darüber.
Infrastruktur für junge Familien schaffen
Das sei aber zu kurz gedacht, sagte Rainer Ziegler:
Der Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz steht im Gesetz, der tatsächliche Anspruch der Eltern und ihrer Kinder vor der Tür.
Wenn man junge Familien anlocken wolle, dürfe man mit der Ausweitung des Betreuungsangebots nicht erst dann anfangen, wenn sie einen Kita-Platz brauchen:
Es kann nicht sein, dass junge Eltern noch ein Jahr warten müssen, bis die Krippe fertig ist,
sagte Ingrid Dreier.

Die Stadträte (von links) Georg Martin Schmollinger, Ingrid Dreier und Alexander Spangenberg kamen ebenfalls zum Gespräch mit der Bundestagskandidatin Franziska Brantner.
Ein Problem beim Ausbau des Betreuungsangebots sei die Finanzierung. Der Bundeszuschuss von 300 Millionen Euro für alle Gemeinden sei bald aufgebraucht, sagte Alexander Spangenberg. Weitere finanzielle Mittel seien nicht in Sicht. Der Zuschuss sei als Anschubfinanzierung für den Ausbau der Kinderbetreuung gedacht gewesen, sagte Franziska Brantner:
Der Bundeszuschuss kam daher, dass die grün-rote Landesregierung beim Fiskalpakt so viel Druck gemacht hat. Man kann die Kommunen nicht mit den Kosten alleine lassen.
Der Zuschuss habe der Stadt auch sehr geholfen, sagte Ziegler. Für den weiteren Ausbau werde aber wieder ein Investitionszuschuss gebraucht.
Wasser-Privatisierung nicht gewünscht
Die von der Europäischen Kommission angestrebte Privatisierung der Wasserversorgung macht auch Ladenburg Sorgen. Die Kommunen seien sich einig, dass das die Privatisierung nicht gewünscht wird, sagte Bürgermeister Ziegler und fragte Franziska Brantner nach dem derzeitigen Stand:
Wir Grünen haben im Parlament versucht, Wasser aus der Vergaberichtlinie heraus zu nehmen und sind damit gescheitert. Deutschland, vertreten durch Wirtschaftsminister Philipp Rösler, war im Ministerrat für die Privatisierung der Wasserversorgung.
sagte Frau Brantner. Der Protest der Menschen und der Kommunen käme zwar zu spät für die Abstimmung im Parlament, aber noch nicht zu spät, um die Entscheidung des „Trilogs“ zwischen Europaparlament, Ministerrat und Europäischer Kommission zu beeinflussen:
Ich bin sicher, dass wir das hätten kippen können, wenn die Abstimmung später stattgefunden hätte. Die große Aufregung kam leider erst nach der Abstimmung im März,
sagte die Europaabgeordnete. Die Entscheidung darüber werde noch in diesem Jahr fallen. Die Unterschriftensammlungen hätten den Druck auf die Regierungen bereits erhöht, Auch die ablehnende Haltung viele Kommunen bewirke, dass die Minister ihre Positionen in der Frage veränderten. Stadtrat Spangenberg kündigte an, noch vor dem Sommer einen entsprechenden Antrag in den Gemeinderat einzubringen.
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