Ladenburg, 18. Juli 2014. (red/pro) Zwei Sitzungsunterbrechungen, gegenseitige Vorwürfe, ein verschobener Tagesordnungspunkt – das gibt es selten im Ladenburger Gemeinderat. Doch am Mittwoch sorgte TOP 5 „Bebauungsplan der Innenentwicklung Martinshöfe“ für Ärger. Bürgermeister Rainer Ziegler war „not amused“ und nahm den Punkt lieber von der Tagesordnung, statt bei einer Abstimmung eine Ablehnung in Kauf zu nehmen.
Von Hardy Prothmann
Hätte Bürgermeister Rainer Ziegler den Punkt zur Abstimmung gebracht, wäre das Projekt Martinshöfe mit großer Wahrscheinlichkeit gescheitert. Damit würden 3,6 Millionen Euro in der Stadtkasse fehlen und damit würde gut ein Drittel des Geldes fehlen, was man für die Sanierung des Carl-Benz-Gymnasiums dringend benötigt. Dementsprechend fassungslos war Bürgermeister Ziegler.
Der Investor Bouwfonds (Tochter der Rabo Real Estate, die eine Tochter der Rabo-Bank Niederlande) hatte im vergangenen Jahr den Wettbewerb gewonnen, in den zunächst sieben Bewerber gezogen waren. Sechs reichten erste Entwürfe ein, zwei kam in die engere Auswahl – Bouwfonds und das Dossenheimer Unternehmen FWD. Beide waren bereit, für die rund 10.000 Quadratmeter zwischen Bahnlinie, Friedhof, Martinstor und Einkaufzentrum insgesamt 5,5 Millionen Euro zu bezahlen. Der gemittelte Bodenwert liegt bei 550 Euro, was ein stolzer Preis ist, der sich vermutlich nur wegen der Größe des Gebiets für den Investor rechnet. Und wegen der geplanten Bebauung von sechs Wohn- und Geschäftshäusern. Rund zwei Drittel fließen an die Stadt, ein Drittel der Fläche gehört einer kirchlichen Stiftung, für die die Stadt die Verhandlungen mitführt. Stadtbildpfleger Egon Lackner hatte die Bebauung bereits als ungeeignet kritisiert.

Links in der Mitte sieht man die drei Gebäude, die verbunden werden sollen. Rechts der „Kopfbau“ mit 22,5 Metern, links der Kopfbau mit 19 Metern – dem meisten ist das jetzt zu wuchtig.
Nachdem zwei Planerinnen des Heidelberger Büros Re2area den konkreteren Bebauungsplan vorgestellt hatten, machte Stadtrat Steffen Salinger den „bösen Mann“, wie er sagte, denn einer müsse die harten Fragen ja stellen:
Das ist mal ein ziemlicher Klotz. Wollen wir das wirklich? Ist der Kopfbau mit 19 Metern im Süden neu? Daran kann ich mich nicht erinnern.
Überparteilich pflichteten ihm weitere Gemeinderatsmitglieder bei. Gudrun Ruster (FW) meinte, sie könne aufgrund der Vorstellung nicht entscheiden, Ingrid Dreier (GLL) sagte, so eine massive Bebauung habe sie nicht in Erinnerung, Dr. Rainer Beedgen (CDU) weigerte sich ebenfalls: „Wenn wir auf Fragen keine Antworten bekommen, müssen wir nicht entscheiden.“ Karl-Martin Hoffmann (CDU) war schon immer gegen dieses Projekt und forderte wenn schon, dann mehr als 13-16 öffentliche Parkplätze. Und Dr. Rudolf Lutz (FDP) erboste den Bürgermeister: „Das war doch so nicht. Ist das eine neue Planung?“ Der Bürgermeister wollte es so verstehen:
Ich weise Vorwürfe der Manipulation entschieden zurück. Sie Herr Lutz, haben festgestellt, das hat mich betroffen gemacht.
Das wiesen wiederum die Stadträte zurück – zeigten sich aber trotzdem überrascht. Die Verwaltung betonte mehrfach, man habe sich an alle Höhen und Kriterien der Ausschreibung gehalten. Doch das zogen die Stadträte in Zweifel. Mit gutem Grund – denn die Gebäude an der Wallstadter Straße sollen über drei Etagen mit Stegen verbunden werden. Das sei nötig, damit das Pflegepersonal des betreuten Wohnens zügig die Gebäude wechseln könne, erklärten die Planerinnen. Doch diese Stege über drei Stockwerke stellten für viele nicht eine „Verbindung“ her, sondern erzeugten genau das, was man nicht wollte: Einen über 50 Meter langen „Riegel“.
Tatsächlich waren die Stege in den Plänen eingezeichnet – aber nicht eben deutlich, wie auch die Planerinnen zugeben mussten. Und über den nun konkreten Eindruck zeigten sich viele mindestens irritiert.
Stadträtin Petra Erl (SPD) sagte:
Das häufigste und wichtigste Wort, das heute gefallen ist, heißt „erschrecken“.
Doch der Schrecken hat noch andere Dimensionen. Im September soll der Bebauungsplan erneut zur Entscheidung in den Gemeinderat – dann wird es neue Mitglieder geben, die sich erst auf den Stand bringen müssen. Diese könnten wiederum eine Entscheidung ablehnen. Sollte der Entwurf so bleiben, könnte es sogar zu einer negativen Entscheidung kommen. Sollte dies passieren, ist mit einem Mal die Finanzplanung über den Haufen geworfen und der ab Herbst 2015 geplante Bau könnte nicht gehalten werden. Bis dahin sind noch CDB-Schüler in der Alten Martinsschule untergebracht.

Zwei Mal wurde die Sitzung unterbrochen – unter anderem, um sich nochmal das Modell anzuschauen.
Sollte man vom Investor geringere Höhen und andere Lösungen als die Stege verlangen, wäre der Wettbewerb obsolet und auch der ausgehandelte Kaufpreis – sicher würde der Investor einen niedrigeren Preis verlangen, was sich wiederum negativ auf die Finanzlage auswirken würde. So bleibt ein Dilemma und die nicht einfache Aufgabe, dieses Projekt doch auf den Weg zu bringen. Fällt die Entscheidung im September für den Bau, könnte man das Verfahren noch rechtzeitig bis Sommer 2015 abschließen. Ein Verzicht auf die Steege darf als unwahrscheinlich gelten – das ist Wohl wesentlicher Teil des Pflegekonzepts, der Umweg über die Ein- und Ausgänge verlängert die Wege, damit die Zeit, damit die Kalkulation des Pflegeunternehmens. Das wiederum verschlechtert die Preise für den Investor, das wiederum den möglichen Verkaufserlös für die Stadt und die Stiftung.
Die Firma FWD hatte einen geschlossene Bebauung präsentiert – die beim zweiten Hinschauen auch durch Bouwfonds realisiert werden soll. Doch das wollten die Gemeinderäte eben nicht. Wie man aus der Zwickmühle rauskommen will, ist noch vollkommen unklar. Vor einem Jahr hatten wir folgendes berichtet:
Die Jury empfiehlt dem Gemeinderat der Stadt Ladenburg, die festgestellten städtebaulichen, freiräumlichen und baulich-funktionalen Eckwerte zur Voraussetzung der Realisierung zu machen und das Konzept Nr. 2 (Bouwfonds/Immobilienentwicklung GmbH/Immoprojekt GmbH/Re2area) der weitereb Bearbeitung zugrunde zu legen.
Damals wurde der Entwurf noch ganz überwiegend gelobt. Nur Stadtrat Uwe Wagenfeld (CDU) und Ilse Schummer (SPD) wunderten sich über die Nachfragen und hätten dem Plan bedenkenlos zugestimmt.
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